"Ich wurde eigentlich zufällig Wissenschaftler"
"Dolly-Vater" Ian Wilmut kümmert sich heute
ums therapeutische Klonen
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Ian Wilmut - hier mit Klonschaf
Dolly - kommt zur Queen's Lecture 2003 an die TU Berlin |
Eigentlich war er schon drauf und dran, das Roslin Institute zu
verlassen. 1982, als die Zeichen der Zeit gegen ihn sprachen. Doch
weil er und seine Frau sich wohl fühlten im schottischen Tiefland,
blieb er. Und so kam 1996 das Klonschaf Dolly zur Welt. Ian Wilmut,
der Leiter jenes Forschungsteams, ist seither einer der bekanntesten
Wissenschaftler.
Sein Interesse an der medizinischen Biotechnologie wurde durch
das Leiden seines Vaters ausgelöst. Er hatte Diabetes, erblindete,
verlor ein Stück Bein und konnte schließlich seine Hände
nicht mehr gebrauchen. Trotzdem dachte Wilmut nicht im Entferntesten
ans Klonen, als er 1973 in das Institut am Rande von Edinburgh kam.
Roslin war ein landwirtschaftliches Forschungsinstitut, und Ian
Wilmut Embryologe. Nach Roslin kam er, weil er herausfinden wollte,
warum bei Schafen und Rindern bis zu 25 Prozent der Embryonen tot
geboren werden.
Doch dann wurden die Forschungsmittel gestrichen. Die Molekularbiologie
war gerade in Mode, und der neue Direktor interessierte sich mehr
für die Reproduktionsgenetik. "Ich sollte an der genetischen
Informationsübertragung arbeiten oder meine Sachen packen",
erinnert sich Ian Wilmut. Das hieß, Gene in den gerade entstehenden
einzelligen Embryo einzuschleusen. Eine Arbeit, die ihm wegen seiner
zitternden Hände, einem angeborenen Handtremor, nicht leicht
fiel und die ihm auch nicht besonders gefiel.
Doch
Ian Wilmut hielt durch. Seinen drei Kindern gefiel die Schule, und
er selbst nahm aktiv am Dorfleben teil. Außerdem hatte er
gerade angefangen, sich für den schottischen Nationalsport
Curling zu begeistern. Wilmut fügte sich also in sein Schicksal,
begann aber bald, nach besseren Methoden zu suchen. Statt DNA in
einzellige Embryonen zu injizieren, gab er sie lieber in kultivierte
Zellen. Aus den Zellen, die die DNA am besten aufgenommen hatten,
wollte er dann Embryonen herstellen. Aus diesem Ansatz entwickelte
er später gemeinsam mit Keith Campbell die Technik, mit der
schließlich das erste Säugetier aus der Zelle eines erwachsenen
Tieres geklont wurde.
Dolly ist inzwischen gestorben und das Klonen selbst umstritten.
Auch Ian Wilmut hat sich vom reproduktiven Klonen abgewendet - beim
Menschen hatte er es immer abgelehnt. Für das therapeutische
Klonen macht er sich jedoch stark. Seit 2001 ist es in Großbritannien
erlaubt, und Wilmut ist einer der Forscher, die daran arbeiten.
Die Zelldifferenzierung ist ein Thema, das ihn nach wie vor fasziniert.
Wie kann aus einer einzigen embryonalen Stammzelle ein Mensch werden?
Und wie kann man den Zellkern einer ausdifferenzierten Zelle reprogrammieren?
Ian Wilmut gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Nobelpreis.
Zahlreiche Ehrungen hat er schon erhalten, darunter im vergangenen
Jahr in Berlin den mit 50000 Euro dotierten Ernst-Schering-Preis.
Trotzdem bezeichnet der 57-Jährige es als Glück und Zufall,
dass er zu dem Wissenschaftler wurde, der er heute ist. Er sei kein
guter Schüler gewesen, erzählt er. Vielmehr habe sein
Abschluss am Gymnasium für eine Zulassung an der Universität
nicht gereicht. Deshalb büffelte er noch ein Jahr, um danach
das Landwirtschaftscollege der Nottingham University zu besuchen.
Am Tierforschungsinstitut ARC in Cambridge lernte Wilmut schließlich,
mit Embryonen zu arbeiten. Eine Tätigkeit, die ihn bis heute
nicht loslässt.
Ina Helms
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