Glamour in Hollywood - die andere Seite der Medaille
Erfahrungen, die man nicht unbedingt machen muss
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Für viele ein Traum:
Blitzlichtgewitter in der Filmmetropole bei der Oscar-Verleihung |
Ein Praktikum in L.A! Hört sich toll an! Den tollen Traum
wollte ich gleich nach meiner Diplomarbeit im Sommer 2002 mithilfe
von CIEE
(Councilexchanges) erfüllen, einer US-Praktikums-Vermittlungsbörse.
Ich wollte keine Uni mehr von innen sehen. Eine Freundin in Los
Angeles, ehemalige Austauschstudentin in Berlin, konnte mir mit
Wohnung, Telefon und Auto aushelfen.
Meine erste Firma in L.A. aus der Musikbranche ging drei Tage nach
meiner Ankunft in Los Angeles Pleite. Damit war nicht nur mein Praktikumsplatz
weg, sondern auch mein Arbeitsvisum ungültig. Trotzdem bewarb
ich mich auf eine halbwegs seriös erscheinende Anzeige: "TV/Media-Praktikantin
gesucht von dt.-am. Film-&-TV-Medien-Produktionsfirma",
ansässig in der L.A.-Medienmeile. Wow! Genau richtig! Fernseherfahrungen
hatte ich auch.
Es folgte eine Einladung nach Long Beach auf eine "boat champaign
party" zum Kennenlernen. Bald bekam ich den Zuschlag, als Praktikantin
zu arbeiten, natürlich umsonst. Immerhin eine seltene Chance
in der Hollywoodstadt! Nebenbei gab ich Deutschunterricht für
gestresste Studierende.
Das Praktikum bei dem "Korrespondenten für die Sender
der Bertelsmann-Gruppe", wie der Chef sich bei Botschaften
und in Journalistenclubs nannte, sah so aus: In einem Privatbüro
in Long Beach, auf einem Leinen-Klappstuhl sitzend und mit nur einem
- seinem - Laptop arbeitend, hieß es stets "erst einmal
brainstormen". Keine Zeitungen, keine Faxe, keine Presseinfos,
keine Ticker, keine amerikanischen Vergleichssendungen, kein deutsches
Fernsehen auf VHS, kein Feedback aus Deutschland, kein Telefonklingeln.
Die Hauptrecherchetools waren yahoo.de/kurioses und das Infoportal
von aol.com. Alles sehr lau.
Man stürzt sich trotzdem in die Arbeit, recherchiert, telefoniert,
konzeptioniert. Themen werden angeschoben, angeleiert, aber nie
zu Ende geführt. Nachfragen enden in dicken Streits. Immerhin
prangte das Mega-Event "Oscars" im Kalender, der "Chef"
ist dazu akkreditiert, und das schon im siebten Jahr, weil er einen
"guten Draht zur Hauptorganisatorin Lesley" habe. Ich
durfte als "technic support" mitgehen. Gefälligst
im engen roten Kleidchen sollte ich erscheinen, um im Technikzelt
hinter den Glamourfassaden der "Oscars" vor den Monitoren
zu sitzen. Abgelehnt! Schlicht schwarz tat es auch. Einen Auftrag
für die Oscar-Geschichte gab es übrigens nicht. Zum Glück
lernte ich dort Leute kennen und machte mein eigenes Praktikum,
allerdings ohne Zeugnis. Wieso bin ich nicht eher gegangen?
Heute habe ich aufgrund meiner Kontakte ein Journalistenvisum und
fliege regelmäßig zurück nach L.A., um dort als
freie Journalistin zu arbeiten. Mein Fazit: Auslandserfahrungen
sind Gold wert, aber sicherlich nicht zu jedem Preis!
Melanie Hillmann
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