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Nr. 2-3, Februar/März 2004
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Ohne Strukturänderungen spart Berlin sich kaputt

 
  Jürgen Kromphardt ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftstheorie an der TU Berlin. Er gehört seit 1999 zum Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Rat der "Fünf Weisen"). Ende Januar wurde er von der SPD als externer Gutachter für die Kommission "Eine Zukunft für Berlin" nominiert

Nachdem das Berliner Verfassungsgericht den Haushaltsentwurf für 2004/05 für verfassungswidrig erklärt hat, wird das Abgeordnetenhaus von Berlin eine Enquete-Kommission "Eine Zukunft für Berlin" einsetzen; diese soll sich mit allen Fragen beschäftigen, die sich aus dem Urteil des Verfassungsgerichts ergeben. Dieses hatte moniert, der Senat habe bei seinem Haushaltsentwurf nicht ausreichend belegt, dass die Überschreitung der für die Nettokreditaufnahme von der Verfassung gezogenen Grenzen unvermeidbar ist.

"Es darf nicht an Säulen der Wirtschaft gespart werden, nur weil dort die politischen Widerstände am geringsten sind."

Da in Berlin in vielen Bereichen die öffentlichen Ausgaben je Einwohner deutlich höher liegen als in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen, ist die Nettokreditaufnahme in der aktuellen Höhe nur kurzfristig unvermeidbar, weil sich nur wenige Ausgaben schlagartig drastisch reduzieren lassen. Auf mittlere Sicht hingegen muss Berlin sein Ausgabenniveau (mit Ausnahme der Zinszahlungen, die sich aus der akkumulierten Verschuldung ergeben) an das Einnahmenniveau anpassen, weil andernfalls kaum Chancen bestehen, vom Bund eine Hilfe zur Haushaltssanierung zu bekommen. Entsprechende Kürzungen können aber nicht vorgenommen werden, ohne die Strukturen der öffentlichen Ausgaben und der Berliner Verwaltung gründlich zu ändern. Ohne solche strukturellen Änderungen wäre ein Kaputtsparen die Folge. Einschneidende Veränderungen der Ausgaben- und Verwaltungsstrukturen bedürfen jedoch angesichts einer Verwaltung, die von ihrer Natur her auf Konstanz und nicht auf Veränderung und Neustrukturierung ausgerichtet ist, der Anstöße von außen. Deshalb ist es durchaus sinnvoll, eine Enquete-Kommission einzusetzen, die über diese Fragen nachdenken soll. Sie muss überlegen, auf welchen Säulen die Zukunft Berlins ruhen könnte, damit nicht gerade an diesen Säulen gespart wird, nur weil dort eventuell die politischen Widerstände geringer sind.

Selbstverständlich garantiert eine Enquete-Kommission weder zukunftsweisende Vorschläge noch deren Umsetzung.

Prof. Dr. Jürgen Kromphardt

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