Ohne Strukturänderungen spart Berlin sich kaputt
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Jürgen
Kromphardt ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere
Wirtschaftstheorie an der TU Berlin. Er gehört seit 1999
zum Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung (Rat der "Fünf Weisen"). Ende Januar
wurde er von der SPD als externer Gutachter für die Kommission
"Eine Zukunft für Berlin" nominiert |
Nachdem das Berliner Verfassungsgericht den Haushaltsentwurf für
2004/05 für verfassungswidrig erklärt hat, wird das Abgeordnetenhaus
von Berlin eine Enquete-Kommission "Eine Zukunft für Berlin"
einsetzen; diese soll sich mit allen Fragen beschäftigen, die
sich aus dem Urteil des Verfassungsgerichts ergeben. Dieses hatte
moniert, der Senat habe bei seinem Haushaltsentwurf nicht ausreichend
belegt, dass die Überschreitung der für die Nettokreditaufnahme
von der Verfassung gezogenen Grenzen unvermeidbar ist.
"Es darf nicht an Säulen
der Wirtschaft gespart werden, nur weil dort die politischen
Widerstände am geringsten sind." |
Da in Berlin in vielen Bereichen die öffentlichen Ausgaben
je Einwohner deutlich höher liegen als in den Stadtstaaten
Hamburg und Bremen, ist die Nettokreditaufnahme in der aktuellen
Höhe nur kurzfristig unvermeidbar, weil sich nur wenige Ausgaben
schlagartig drastisch reduzieren lassen. Auf mittlere Sicht hingegen
muss Berlin sein Ausgabenniveau (mit Ausnahme der Zinszahlungen,
die sich aus der akkumulierten Verschuldung ergeben) an das Einnahmenniveau
anpassen, weil andernfalls kaum Chancen bestehen, vom Bund eine
Hilfe zur Haushaltssanierung zu bekommen. Entsprechende Kürzungen
können aber nicht vorgenommen werden, ohne die Strukturen der
öffentlichen Ausgaben und der Berliner Verwaltung gründlich
zu ändern. Ohne solche strukturellen Änderungen wäre
ein Kaputtsparen die Folge. Einschneidende Veränderungen der
Ausgaben- und Verwaltungsstrukturen bedürfen jedoch angesichts
einer Verwaltung, die von ihrer Natur her auf Konstanz und nicht
auf Veränderung und Neustrukturierung ausgerichtet ist, der
Anstöße von außen. Deshalb ist es durchaus sinnvoll,
eine Enquete-Kommission einzusetzen, die über diese Fragen
nachdenken soll. Sie muss überlegen, auf welchen Säulen
die Zukunft Berlins ruhen könnte, damit nicht gerade an diesen
Säulen gespart wird, nur weil dort eventuell die politischen
Widerstände geringer sind.
Selbstverständlich garantiert eine Enquete-Kommission weder
zukunftsweisende Vorschläge noch deren Umsetzung.
Prof. Dr. Jürgen Kromphardt
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