Präzisionskarten vom Roten Planeten
Softwaremodule der europäischen "Mars Express"-Mission
stammen aus der TU Berlin
Drei Raumfahrtmissionen zugleich - unser Nachbarplanet Mars
steht in diesen Wochen im Blickpunkt des Interesses. Die ersten
Bilder der deutschen "High Resolution Stereo Camera" (HRSC)
versetzen die beteiligten Wissenschaftler in Begeisterung und die
Öffentlichkeit in großes Erstaunen. Der ersten Euphorie
über die Bilder folgt aber nun eine lange Phase intensiver
wissenschaftlicher Arbeit.
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Ausschnitt aus
einem der ersten hochaufgelösten Bilder des europäischen
Orbiters "Mars Express". Es zeigt einen großen
Tafelberg und benachbarte Krater |
Die ankommende Datenflut muss technisch verarbeitet und wissenschaftlich
ausgewertet werden. Dazu trägt auch das Institut
für Geodäsie und Geoinformationstechnik der TU Berlin
bei. Unter Leitung von Professor Dr.-Ing. Jörg Albertz wurde
eine Software entwickelt, die zur Herstellung von präzisen
topografischen und thematischen Karten der Marsoberfläche dient.
Sie ermöglicht einen weitgehend automatischen Prozess der Kartenproduktion
und stellt eine Innovation in der Planetenkartografie dar, die auch
anderen Missionen zugute kommen wird.
Bilder vom Mars gibt es bereits viele. Aber mit der HRSC ist es
jetzt erstmals möglich, die Oberflächenformen mit photogrammetrischen
Methoden genau zu erfassen und präzise Karten zu gewinnen.
Das Gesamt-Projekt, an dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
aus zehn Ländern teilnehmen, leitet Prof. Dr. Gerhard Neukum
von der FU Berlin
als "Principal Investigator". Vorsitzender der Arbeitsgruppe
für Photogrammetrie und Kartographie ist TU-Professor Albertz.
Die Weltraumkamera HRSC, im Wesentlichen beim Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof
gebaut, kann aus etwa 250 Kilometern Höhe Bilddaten der Marsoberfläche
großflächig mit bis zu 10 Metern Bodenauflösung
aufzeichnen. Wissenschaftlich besonders interessante kleinere Gebiete
können sogar mit einer Auflösung bis zu 2,5 Metern erfasst
werden. Die gewonnenen Bilddaten werden zuerst beim DLR Berlin-Adlershof
sowie an der FU Berlin aufbereitet, und zwar mit photogrammetrischer
Auswerte-Software, die die TU Berlin bereits für die Mission
"Mars96" entwickelt hatte und die beim DLR inzwischen
erweitert wurde.
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Geometrische Grundlage für
die neuen topografischen und thematischen Karten vom Mars ist
die Sinusoidal-Projektion |
Für die Herstellung von Karten haben die TU-Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler um Professor Albertz das Softwaresystem "PIMap"
(Planetary Image Mapper) entwickelt. Damit können zunächst
topografische Bildkarten gewonnen werden. Diese Produkte werden
anderen Disziplinen zur wissenschaftlichen Analyse und Interpretation
sowie zur Darstellung ihrer Auswerteergebnisse zur Verfügung
stehen. Aus den Interpretationsergebnissen erstellen die Kartographen
anschließend so genannte thematische Karten. Das neue Standard-Kartenwerk
wird "Topographic Image Map Mars 1 : 200000" heißen.
Es teilt die gesamte Mars-Oberfläche in 10 372 Kartenblätter
ein und gibt sie flächentreu wieder. Als geeignete Kartenprojektion
wurde die "Sinusoidal-Abbildung" ausgewählt, in der
Meridiane als Sinuslinien wiedergegeben werden (s. Grafik). Lediglich
für die Polregionen, zwischen 85° und 90° nördlicher
und südlicher Breite, wird "Lamberts flächentreue
Azimutalabbildung" verwendet, die die Polbereiche auf eine
berührende Ebene projiziert. Spezielle Gebiete werden außerdem
in Karten größerer Maßstäbe wiedergegeben
oder auch durch Übersichtskarten in kleineren Maßstäben.
Das Software-Paket PIMap zur systematischen Generierung von Karten
und kartenverwandten Darstellungen der Marsoberfläche ist speziell
auf die Erfordernisse der Mission "Mars Express" abgestimmt.
Es berechnet die grafischen Bestandteile eines Kartenblattes automatisch
und fügt sie anschließend zum Kartenprodukt zusammen.
Dieses wird visuell überprüft und - soweit erforderlich
- interaktiv optimiert.
Durch seine Mitwirkung an dieser Mission leistet das Institut für
Geodäsie und Geoinformationstechnik der TU Berlin einen grundlegenden
Beitrag zur gegenwärtigen und zukünftigen Planetenerkundung.
tui
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