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Nr. 2-3, Februar/März 2004
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Arbeitstreffen in der Kaffeeküche

Als Humboldt-Stipendiat an einer amerikanischen Spitzenuniversität

Die Aufsehen erregende Skyline von Columbus bildete die Kulisse für Rainer Mautz' Studien an der Ohio State University

Als frisch promovierter Geodät machte ich mich im Januar 2002 mit einem Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung für zwei Jahre auf den Weg in die Vereinigten Staaten, an die Ohio- State University (OSU). Mit knapp 60000 eingeschriebenen Studenten und 34000 Angestellten ist sie eine der größten Universitäten der Welt. Zwischen den 863 Universitätsgebäuden kommt man sich zunächst verloren vor, von der "kleinen" TU Berlin kommend, mit nur rund 100 Gebäuden, einem Achtel des Budgets, einem Fünftel des Personals und halb so vielen Studierenden. Wir Geodäten vermessen die Erdoberfläche und ihre Objekte bezogen auf das Erdschwerefeld.

 
  Rainer Mautz

An der OSU besteht die engere geodätische Arbeitsgruppe aus drei Professoren, fünf Forschern - meist Stipendiaten - und zwanzig graduierten Studierenden. Als Neuling wollte ich das System der Neuen Welt kennen lernen und die mir bekannte Berliner Struktur aus dem Kopf verbannen. Doch es kam anders.

Mein Professor ließ mich erst einmal von meinen Erfahrungen in der Arbeitsgruppe am Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik erzählen. Als ich unsere Berliner Arbeitstreffen in der Kaffeeküche erwähnte, musste ich davon genauer berichten. Regelmäßige Arbeitstreffen gab es bei ihm nicht. Ein jeder forschte bislang weitgehend für sich im stillen Kämmerlein und lieferte dann die Resultate an ihn als Koordinationsstelle ab, was ihn überlastete. Nach dem Berliner Vorbild sollte ich von nun an ein wöchentliches Treffen organisieren. Im Basement wurde spontan ein Raum dafür hergerichtet, und per E-Mail wurden alle eingeladen. Der revolutionäre Charakter des Treffens wurde sofort klar: Die meisten kannten sich untereinander nicht. Der Dienstagnachmittag wurde zum Gruppentreffen mit Kurzvorträgen und Diskussionen über aufgetretene Probleme. Heute - zwei Jahre später - sind diese Treffen am geodätischen Institut der OSU zu einer wichtigen Institution geworden. Nicht alles ist eben "Made in USA".

Wie kam ich zu dem begehrten Stipendium? In meiner Dissertationsschrift wurde ein neues Verfahren zur Frequenzanalyse abgehandelt. Die gebräuchlichen Spektralverfahren verwenden künstliche Frequenzen mit ganzzahligen Frequenzverhältnissen. Erstmals gelang nun die exakte Rekonstruktion beliebiger Frequenzen in Zeitreihen; diese orientieren sich an der physikalischen Realität der Daten und müssen nicht im Voraus bekannt sein. Das Interesse an der Arbeit schlug größere Wellen. Mein zukünftiger Gastgeber Professor Burkhard Schaffrin aus den USA wies mich dann auf die Alexander von Humboldt-Stiftung hin, die meinen Antrag ohne Probleme bewilligte.

Die Geodäsie an der OSU zeichnet sich unter anderem durch Spitzenforschung in der Altimetrie aus. Die Satellitendaten werden hierbei von systematischen Fehlern befreit und dann Meereshöhen oder Veränderungen des Landeises berechnet, die wiederum Indikatoren für den globalen und regionalen Meeresanstieg sind. Mein neues Verfahren war von großer Bedeutung bei der Eliminierung von periodischen Störeinflüssen wie beispielsweise der Ozeangezeiten. Die amerikanische Geodäsie am OSU ist sehr praktisch ausgerichtet. Es gilt, möglichst schnell fertige Produkte an die Anwender zu liefern. An der TU Berlin steht die Entwicklung der Methodik im Vordergrund - auch hier sei dem Team der Berliner Kaffeerunde gedankt: Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie.

Nach zwei Jahren Stipendiatenzeit und hervorragender gegenseitiger Ergänzung wird unsere Kooperation nun weitergehen. Schon für diesen Sommer hat sich Professor Schaffrin aus den USA zu einem Arbeitsbesuch an unserem Institut an der TU Berlin angesagt.

Dr.-Ing. Rainer Mautz

www.geodesy.tu-berlin.de

 

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