"Ein wichtiger Schritt ist getan"
Interview mit Vizepräsidentin Ulrike Strate über Konsequenzen
aus der WM-Studie
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Die Pädagogin Ulrike
Strate ist 3. Vizepräsidentin, zuständig für
Lehrerbildung, wissenschaftliche Weiterbildung und wissenschaftlichen
Nachwuchs |
Vor zwei Jahren wurde an der TU Berlin im Auftrag des damaligen
Vizepräsidenten Prof. Dr. Bernhard Wilpert eine Studie durchgeführt,
die die Arbeitssituation befristet beschäftigter Wissenschaftlicher
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (WM) untersuchte. Die "WM-Studie
2002" bestätigte im Wesentlichen, was die WM seit
langem beklagt hatten: hohe Arbeitsbelastung, lange Promotionszeiten,
unzureichende Betreuung. Über Konsequenzen aus der Studie sprach
TU intern mit Ulrike Strate, Vizepräsidentin für Lehrerbildung,
wissenschaftliche Weiterbildung und wissenschaftlichen Nachwuchs.
Wie hat die Universität auf die Ergebnisse der Studie reagiert?
Universitätsleitung und Fakultäten haben umfangreiche
Maßnahmen eingeleitet, um die Situation der WM zu verbessern:
zum Beispiel den Aufbau eines Berichtswesens, die Kontrolle der
Einhaltung der Vertragslaufzeiten oder das Weiterbildungsprogramm
"Teaching
for University's Best", wo neu eingestellten WM unter anderem
Methoden und Fähigkeiten vermittelt werden, um Lehre effizient
vorbereiten und gestalten zu können. Fast alle Fakultäten
haben mittlerweile Promotionskolloquien eingerichtet und Promovierendenbeauftragte
benannt, was sehr zu begrüßen ist. Die Fakultät
III hat mit ihrem finanziellen Anreizsystem von 900 Euro pro
erfolgreich abgeschlossener Promotion immer noch Vorreiterfunktion.
In verschiedenen Zielvereinbarungen mit den Fakultäten ist
die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Verbesserung der
Betreuungssituation der WM berücksichtigt worden. Aufgabe der
Universität ist es, solche Bedingungen zu schaffen, dass WM
innerhalb der Vertragslaufzeit erfolgreich promovieren können.
An der TU Berlin ist genau das nicht gegeben. Das geht aus der
Studie hervor. Was sind die Gründe?
Ein wichtiger Grund ist, dass wir aufgrund der Haushaltslage nur
80 Prozent der Qualifikations-WM-Stellen besetzen können. Viele
WM sind daher in den Fakultäten mit Aufgaben belastet, die
sonst andere WM erledigen würden.
Die Studie hat einiges zutage gefördert, was verbesserungswürdig
ist. Wo aber sollen Schwerpunkte gesetzt werden?
Die WM beklagten in der Studie, dass die Promotionsbetreuung nicht
ausreichend gewährleistet ist. Durch die Einrichtung von Promotionskolloquien,
verbindlichen Betreuungszeiträumen oder aber auch Zielvereinbarungen
zwischen Promovierenden und Betreuern wird sich das sicherlich verbessern.
Ich denke, es muss sich einerseits eine größere Sensibilität
bei den Betreuern für die Situation der WM entwickeln, dass
diese zum Beispiel nicht zu viel mit Aufgaben bedacht werden, die
nicht ihrer Qualifikation zugute kommen. Andererseits müssen
die WM aber auch auf die Hochschullehrer zugehen. Letztendlich sind
sie selbst für ihre wissenschaftliche Laufbahn verantwortlich.
Allerdings zeigt sich auch hier, dass der Gender-Aspekt ein nicht
zu unterschätzender Faktor ist. Eine ähnlich gelagerte
Untersuchung der DFG-Graduiertenkollegs
hat gezeigt, dass die Situation für Nachwuchswissenschaftlerinnen
häufig prekärer als die ihrer Kollegen ist. Deshalb haben
wir auch in Zusammenarbeit mit der Zentralen Frauenbeauftragten
ein disziplinenübergreifendes Graduiertenkolleg nur für
Frauen eingerichtet: das Virtuelle Kolleg für Doktorandinnen.
Was muss das Ziel all dieser Anstrengungen sein?
Ziel muss sein, dass an der TU Berlin die Promotionszeiten und
Promotionserfolgsquoten grundlegend verbessert werden. Das Ansehen
einer Universität misst sich nicht nur an den von ihrem wissenschaftlichen
Personal erbrachten Lehr- und Forschungsleistungen, sondern genauso
an der Anzahl und der Qualität des wissenschaftlichen Nachwuchses,
der sich an ihr qualifiziert. Nach der letzten Novellierung des
Hochschulrahmengesetzes ist eine weitere wissenschaftliche Karriere
in Hochschulen und hochschulnahen Einrichtungen im Anschluss an
eine Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter auf einer
Qualifikationsstelle nur mit einer Promotion möglich.
In fünf Jahren soll die Studie wiederholt werden ...
Ja, aber die Kontrolle muss kontinuierlich laufen. Ich werde deshalb
in nächster Zeit die WM-Vertreterinnen und -Vertreter in den
zentralen und Fakultätsgremien zu einem Gespräch darüber
einladen, wie weit der Stand der Umsetzung der angegebenen Maßnahmen
ist. Ich möchte aber auch erwähnen, dass die TU Berlin
bundesweit eine der ersten Universitäten ist, die eine Umfrage
zur Situation ihrer WM durchgeführt hat. Diskussionen in der
Bundesvertretung Akademischer Mittelbau zeigen, dass die Situation
der WM an anderen Hochschulen durchaus ähnlich zu sein scheint.
Die TU Berlin hat mit dieser Studie einen ersten, wichtigen Schritt
dahin getan, gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Situation
der WM einzuleiten. Die Verstetigung und Ergänzung dieser Maßnahmen
ist jetzt der zweite Schritt.
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