DFG-Gelder je Professur: Berliner Spitzenplatz gehört der
TU
Ein Gespräch mit TU-Vizepräsidentin Prof. Dr.-Ing.
Luciënne Blessing und Forschungsplaner Ingo Einacker zum DFG-Ranking
|
|
|
Luciënne
Blessing |
Das aktuelle Ranking 2003 der Deutschen
Forschungsgemeinschaft vergleicht die deutschen Universitäten
nach Drittmitteln, die ihnen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) bewilligt wurden. Mit 67,51 Millionen Euro kommt die TU Berlin
auf den 20. Platz. Wie ist das zu bewerten?
Blessing: Insgesamt stehen wir im Berliner Vergleich sehr
gut da. Wir sind zwar im untersuchten Zeitraum 1999 bis 2001 im
Vergleich zum vorherigen Ranking leicht zurückgefallen, doch
tatsächlich hat sich unser gesamtes Drittmittelvolumen sogar
gesteigert, da wir sehr viele Mittel aus der Industrie und von anderen
Drittmittelgebern einwerben, die hier nicht aufgeführt werden.
Dass wir bei der Summe der DFG-Mittel schlechter dastehen als HU
und FU, hat
unter anderem damit zu tun, dass die absoluten Mittel im Medizin-
und Biologiebereich sehr hoch sind. Doch zum Beispiel in den Naturwissenschaften
steht die TU Berlin als beste Berliner Uni mit 23,5 Millionen Euro
auf Rang 7.
|
|
Ingo Einacker |
|
Einacker: Bemerkenswert ist, dass wir bei den Bewilligungen
je Professur von den Berliner Universitäten am besten abschneiden,
sogar noch vor der HU und der FU trotz der Medizin. Mit 172200 Euro
pro Professur sind wir damit die DFG-forschungsstärkste Universität
in Berlin.
Welche Gründe gibt es für das Abschneiden der TU Berlin?
Blessing: Vor allem ist das Budget für den Bereich
Biologie und Medizin deutlich größer als das für
die Bereiche Naturwissenschaften, Ingenieur- und Geisteswissenschaften.
Der DFG-Topf ist jedoch nicht größer geworden, die Bewilligungsrate
ist gesunken, besonders im Bereich Ingenieurwissenschaften. Hier
sind wir schließlich im bundesweiten Vergleich auf einem sehr
guten achten Platz gelandet. Außerdem steckt die DFG sehr
viel Geld in die Sonderforschungsbereiche, deren Zahl derzeit an
der TU Berlin rückläufig ist.
Wie wichtig ist so ein Ranking, welche Funktion und welche Auswirkungen
hat es?
Einacker: Es ist in jedem Fall ein hilfreiches Instrument,
das uns Daten liefert - auch über andere -, die sonst nur schwer
zugänglich sind. Wir können sehen, wie gut oder schlecht
einzelne Fächer aufgestellt sind. Zum Beispiel erfahren wir,
dass unsere Mathematik an zweiter Stelle steht, dass Elektrotechnik
und Informatik auf dem zwölften Platz liegen, und das, obwohl
die umfangreichen Industriemittel hier noch gar nicht auftauchen.
Blessing: Wir müssen allerdings die Außenwirkung
ernst nehmen. Denn die jeweiligen Spitzenreiter eines Rankings schmücken
sich damit, obwohl die DFG selbst darauf hinweist, dass es sich
nur um einen Ausschnitt des Gesamtvolumens handelt, um den DFG-Anteil
eben.
Sind DFG-Mittel denn wertvoller als andere?
Einacker: Für das wissenschaftliche Reputationsbild
einer Universität sind sie schon wichtig, weil sie von der
zentralen deutschen Einrichtung zur Forschungsförderung kommen.
Natürlich prägt das den Ruf der Forschungsstärke
einer Universität.
Blessing: Das differiert allerdings sehr nach Fachgebiet.
In den Ingenieurwissenschaften, die naturgemäß viele
Kontakte zur Wirtschaft haben, spielt die Industrie häufig
eine wichtige Rolle. Die Tendenz, als "echte" Wissenschaft
vor allem Grundlagenforschung zu betrachten und anwendungsorientierte
Forschung weniger, ist leider noch sehr stark. An manchen ausländischen
Universitäten ist Industrieforschung tatsächlich als Auftragsforschung
verpönt. Als "echte" Wissenschaft wird im allgemeinen
Verständnis leider oft noch vor allem Grundlagenforschung betrachtet,
anwendungsorientierte Forschung weniger. Und DFG-Mittel sind eben
für Grundlagenforschung, für die "echte" Wissenschaft
in diesem Sinne. Außerdem wird man bei der DFG durch den Kollegen
beurteilt, in der Industrie muss ich "nur" meinen Partner
überzeugen.
Welche Schlussfolgerungen zieht die TU Berlin aus dem Ranking
für Forschungsplanung und -management?
Blessing: Beim Thema "Sonderforschungsbereiche"
haben wir bereits begonnen, ganz konkret Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler anzusprechen, interdisziplinäre Gruppen zusammenzustellen,
eine bessere Vernetzung zu schaffen, um zu neuen Forschungsmöglichkeiten
anzuregen. Wir wollen auch hervorragende Einzelwissenschaftler verstärkt
zusammenbringen, um interdisziplinäre Forschung zu fördern.
Wir können Kontakte knüpfen, Networking betreiben, Akteure
identifizieren helfen, aber die Forscherinnen und Forscher müssen
es auch wollen. Die angedrohten Kürzungen und der Verlust von
Lehrstühlen - damit natürlich auch der Verlust potenzieller
Drittmittel - werden uns zukünftig sicherlich noch größere
Anstrengungen abfordern, um international wettbewerbsfähig
zu bleiben.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Patricia Pätzold
www.dfg.de
|