"Sie sind die Hoffnung auf ein friedliches Europa"
In der Slowakei und der Ukraine auf der Suche: Kandidatinnen
und Kandidaten für Parlamentspraktika in Deutschland ausgewählt
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Vor der repräsentativen
deutschen Botschaft in Bratislava: ein Mitglied des slowakischen
Parlaments, ein Alumnus des Programms, der Presseattaché
der Botschaft, Professor Jörg Steinbach, Ministerialdirigent
Everhard Voss, die deutsche Botschafterin Uta Mayer-Schalburg,
MdB Wolfgang Börnsen sowie ein Gesandter der Botschaft
(v. l.) |
Seit 1991 gibt es das so genannte "Internationale Parlaments-Praktikum-Programm"
(IPP). 93 Stipendiaten aus 18 Ländern werden für fünf
Monate nach Berlin eingeladen, um Parlamentspraxis in unserem Land
kennen zu lernen, Veranstaltungen an den drei Berliner Universitäten
zu besuchen und durch Länderabende sowie durch Wohnen in international
zusammengesetzten Gruppen gegenseitige Kontakte zu knüpfen.
Damit sollen das Demokratieverständnis gestärkt, junge
Menschen für die politische, insbesondere die Parlamentsarbeit
oder den politiknahen Journalismus gewonnen werden.
Ganz wesentlich dient das Programm aber auch der Völkerverständigung.
Für die kommenden drei Jahre ist die TU Berlin der Projektpartner,
unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Wolfgang
Thierse. Praktisch geleitet wird das Programm von MdB Wolfgang Börnsen
und Ministerialdirigent Everhard Voss aus dem Stabsbereich des Bundestagspräsidenten.
Die erstmalig von der TU Berlin stimmberechtigt begleiteten Auswahlverfahren
führten mich mit diesen beiden Leitern des Programms ins slowakische
Bratislava und anschließend in die Ukraine nach Kiew.
In allen 18 Ländern werden die Auswahlverfahren von den Deutschen
Botschaften begleitet. In der slowakischen Hauptstadt Bratislava
wurden wir von der Botschafterin persönlich empfangen. Durch
sie wie durch die Unterlagen, die wir vom Bundestag erhalten hatten,
wurden uns viele Probleme der Slowakei, immerhin ein enges Nachbarland
und zukünftiges EU-Mitglied, näher erläutert. Dann
begannen die halbstündigen Auswahlgespräche. Von 30 Bewerberinnen
und Bewerbern stellten sich nach einer strengen Vorauswahl acht
unseren Fragen nach Kenntnissen der politischen Landschaft Deutschlands,
nach Demokratieverständnis, sozialem Engagement und natürlich
wissenschaftlichen Fähigkeiten. Für drei von ihnen winkte
das Stipendium in Höhe von 511 Euro pro Monat, ein oder zwei
sollten als Ersatzkandidat(inn)en noch benannt werden. Nur bei zwei
Kandidat(inn)en konnten wir uns nicht durchringen, eine prinzipielle
Eignung auszusprechen. Allen anderen hätten wir nur zu gern
eine feste Zusage gegeben, aber die Länderquoten liegen fest
und Ausnahmen können nur im Rahmen der Vergabe von Plätzen
an Ersatzkandidat(inn)en bei kurzfristiger Absage gemacht werden.
So mussten wir in Nuancen die Unterschiede für eine Rangfolge
suchen. Monika Lachova, Lenka Krsikova und Thomas Slavik machten
schließlich das Rennen und dürfen unter anderem auch
von der TU Berlin vom 1. März bis zum 31. Juli 2004 willkommen
geheißen werden.
Wolfgang Börnsen lud am ersten Abend zu einem Abendessen mit
ehemaligen Teilnehmern des Programms ein, die sich soeben zu einem
Alumni-Verein, wie er schon in anderen Ländern existiert, zusammengeschlossen
hatten. Von den Ehemaligen ist heute tatsächlich ein Drittel
in der Politik tätig, ein weiteres Drittel schlug die Hochschullaufbahn
ein und der Rest promoviert derzeit: Sie sind eine große Hoffnung
für die Entwicklung eines friedlichen, erweiterten Europa.
Kiew: Die ukrainische Hauptstadt, die ich vor drei Jahren zuletzt
besucht hatte, überraschte mich nicht schlecht! Armut, Frustration
und Hoffnungslosigkeit - der totale Kontrast zu unserer Überflussgesellschaft
- hatten damals das Gesicht der Stadt geprägt. Jetzt präsentierte
sie sich lebendig, nach vorn schauend und war von positiver Geschäftigkeit
gekennzeichnet. Miliz ist nur noch vereinzelt im Stadtbild zu sehen,
die Sicherheitskräfte in den Hotels und öffentlichen Gebäuden
sind deutlich reduziert. Kiew hat sich bei aller marktwirtschaftlichen
Entwicklung seinen ukrainischen Charakter erhalten, seine offenen
und warmherzigen Bürger lernt man schnell schätzen und
lieben. Kiew hat - der Vergleich drängte sich mir auf - in
drei Jahren eine Entwicklung vom Schwarzweiß- zum Farbfernsehen
hinter sich gebracht.
In der Ukraine hatten sich 37 Studierende auf fünf Stipendienplätze
beworben. Auch hier wurde das Verfahren von der Deutschen Botschaft
unterstützt. Nach einem ganzen Tag voller Gespräche stand
fest: Die Delegation aus der Ukraine wird rein weiblich sein. Fünf
junge Damen hatten sich erfolgreich gegen die Konkurrenz durchgesetzt:
Svitlana Gootsal, Natalya Melnyk, Anna Oleschtschenko, Nataliya
Kozachynska und Valentina Konyuk heißen die Glücklichen.
Auch in diesem Fall gibt es zwei potenzielle Ersatzkandidat(inn)en.
Ich wünsche mir, dass alle TU-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter
mithelfen, den Aufenthalt allen jungen Stipendiaten im nächsten
Frühjahr zu einem unvergesslichen Ereignis werden zu lassen.
Prof. Dr.-Ing. Jörg Steinbach,
1. Vizepräsident der TU Berlin
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