Langer, schmerzhafter Prozess
Tarifvertrag mit vielen Kompromissen - Nachverhandlungen für
WiMis
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Auch während der Dezember-Sitzung
des Kuratoriums gingen die Proteste der Studierenden gegen die
Kürzungen weiter. Diese "luftige" Aktion war
von außen und von innen sichtbar |
Nachdem am 19. Dezember das Kuratorium
dem Änderungs- und Ergänzungsvertrag zu den bestehenden
Hochschulverträgen nicht zugestimmt hatte, stand am 9. Januar
2004 ein weiteres heißes Thema auf der Tagesordnung. Nach
heftiger Diskussion billigte das Kuratorium den Tarifvertrag für
die Beschäftigten. Für die Wissenschaftlichen Mitarbeiter
wird es Nachverhandlungen geben. Welche Bedeutung dieses für
die Beschäftigten der Universität hat, erklärt Dr.
Barbara Obst-Hantel, Leiterin der TU-Personalabteilung:
Der Tarifvertrag ist das Ergebnis langwieriger und schwieriger
Verhandlungen mit den Gewerkschaften. Auslöser der Tarifverhandlungen
war der vom Kuratorium beschlossene Austritt aus den Arbeitgeberverbänden.
Damit wurde die Möglichkeit eröffnet, parallel zum Land
Berlin mit einem neuen Tarifvertrag die größtmöglichen
Einsparpotenziale zu erschließen. Der vom Land Berlin im Juli
abgeschlossene Tarifvertrag enthielt denn auch die Empfehlung an
die Hochschulen, diesen TV zu übernehmen; damit und vor dem
Hintergrund der Interessen der Gewerkschaften waren die Spielräume
für hochschuleigene Lösungen sehr gering. Obwohl den Verhandlungsführern
auf der Hochschulseite sehr bewusst war, dass die Absenkung Arbeitszeit/Vergütung
im Verhältnis 1:1 um acht, zehn und zwölf Prozent, je
nach Vergütungsgruppe, für die Hochschulen praktisch sehr
schwer umsetzbar sein würde, ließ das Festhalten der
Gewerkschaftsseite an diesem Schema jedoch keine andere Lösung
zu.
Die Alternative zum Abschluss des Tarifvertrages wäre die
Fortsetzung eines tariflosen Zustandes gewesen; eine für die
Beschäftigten, aber auch für die TU Berlin als Arbeitgeber
sehr belastende Situation, die unter anderem dazu geführt hätte,
dass die Einsparmöglichkeiten sehr viel geringer ausgefallen
und ein erheblich höherer Personalabbau und damit auch der
Abbau von Studienplätzen unvermeidlich gewesen wären.
Vor diesem Hintergrund ist der Tarifabschluss auch ein Solidarbeitrag
aller Tarifbeschäftigten der TU Berlin für den Erhalt
von Arbeitsplätzen. Die Beamtinnen und Beamten der TU Berlin
haben ihren Solidarbeitrag durch Wegfall des Urlaubsgeldes und Absenkung
des Weihnachtsgeldes auf einen Sockel von 640 Euro ohne Arbeitszeitreduzierung
bereits erbracht.
Der Tarifvertrag gilt rückwirkend ab 1. Januar 2004. Weitere
wesentliche Regelungen:
- Erhöhung von Vergütungen und Löhnen um 3,4 Prozent
ab 1. Januar 2004;
- Erhöhung von Vergütungen und Löhnen um 1 Prozent
ab 1. Mai 2004;
- drei gleich hohe Einmalzahlungen von 150 Euro monatlich im Januar,
Februar und März 2004;
- Absenkung von Vergütung und Lohn korrespondierend mit einer
entsprechenden Absenkung der Arbeitszeit gestaffelt nach Vergütungs-
und Lohngruppen im Umfang von acht, zehn und zwölf Prozent.
Der Tarifvertrag schließt betriebsbedingte Kündigungen
vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2009 aus. Die Laufzeit des
Tarifvertrages geht bis zum 31. Dezember 2009. Er kann frühestens
zum 31. März 2010 gekündigt werden.
Direkt nach Abschluss der Tarifverhandlungen haben wir Kontakt
zur Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) aufgenommen, um die sich aus diesem Tarifabschluss ergebenden
Probleme, insbesondere des so genannten Besserstellungsverbots,
zu lösen. Das Problem ergibt sich im Wesentlichen daraus, dass
nach Kündigung der Tarifverträge über Urlaubs- und
Weihnachtsgeld im restlichen Bundesgebiet bei neu abgeschlossenen
Verträgen diese Beträge nicht mehr gezahlt werden beziehungsweise
in den DFG-Durchschnittssätzen nicht mehr enthalten sind.
Nachdem "last minute"-Verhandlungen mit den Gewerkschaften
zur Lösung dieses erst seit Anfang diesen Jahres bekannten
Problems noch nicht zum Erfolg geführt haben, hat das Kuratorium
den Präsidenten beauftragt, darüber sofort Nachverhandlungen
aufzunehmen. Dies wird umgehend geschehen. Ziel ist dabei, für
die Drittmittelbeschäftigten eine Lösung zu finden, die
der Bundesregelung möglichst nahe kommt.
Weiterhin hat das Kuratorium den Präsidenten beauftragt, durch
Ausführungsbestimmungen Kompensationsmöglichkeiten vorzuschlagen,
die der besonderen Situation der befristet beschäftigten wissenschaftlichen
Mitarbeiter Rechnung tragen. Auch hierzu wird es in absehbarer Zeit
einen Vorschlag geben.
Insgesamt war die Verhandlung des Tarifvertrages ein langer und
schmerzhafter, mit vielen Problemen und Auseinandersetzungen behafteter
Prozess. Optimale Lösungen kann es im Spannungsfeld zwischen
Einsparungszwang und Berliner Tarifsituation nicht geben. Wir werden
jedoch alles daransetzen, aus dem gefundenen Kompromiss das Beste
zu machen.
Dr. Barbara Obst-Hantel,
Leiterin Abteilung Personalwesen
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