Afrika ist nicht Europa - vom Versuch, einander zu verstehen
TU-Semiotik analysiert Kultur mit einer speziellen Software
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Mit der neuen Software können
sehr komplexe Inhalte strukturiert werden. Dieser Screenshot
zeigt eine Analyse des mittelalterlichen Artus-Stoffes |
Zwei Jahre lang finanzierte die EU das Projekt "Cultural
Units of Learning Tools and Services" (CULTOS) zur Erarbeitung
einer innovativen Software für geistes- und gesellschaftswissenschaftliche
Anwendungen. Jetzt wurden die Projektpartner, zu denen auch die
TU Berlin gehört, in die Selbstständigkeit entlassen.
An der TU Berlin entstand daraufhin die Arbeitsstelle "Structural
Analysis of Cultural Systems" (SACS).
Mit ihrer multimodalen Arbeitsweise ist die CULTOS-Software vielfältig
einsetzbar, zum Beispiel für die Erstellung von Lernsoftware,
die Vorbereitung von Publikationen, die Aufbereitung von Lehrinhalten
für Präsentationen, die Erfassung musealer oder künstlerischer
Objekte unter Einbeziehung kulturhistorischer Aspekte. Man kann
sie als Datenbank nutzen, um komplexe Inhalte zu strukturieren,
Datenbestände in interkulturellen und ethnologischen Bereichen
systematisieren oder Beziehungssysteme für psychologische,
therapeutische, soziologische, pädagogische oder forensische
Anwendungsfelder darstellen.
Die Arbeitsstelle SACS wurde in der Fakultät
I Geisteswissenschaften von Professor Roland Posner, Arbeitsstelle
für Semiotik, und Professor Monika Walter, Institut
für Literaturwissenschaft, eingerichtet, um die CULTOS-Aktivitäten
zu bündeln. Dieses Jahr wurden bereits mehrere, von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung
mitfinanzierte Felduntersuchungen in Nigeria, Togo und Benin durchgeführt:
Kulturspezifische Bedeutungen von Gesten werden im Zusammenhang
mit dem an der TU Berlin erstellten Berliner Gestenlexikon untersucht.
Befragungen zum Zeitmanagement ließen - anknüpfend an
das an der TU Berlin konzipierte Verfahren zur Analyse von Arbeiten
im Haushalt (AVAH) - Wirkungen des Kulturwandels auf die zeitliche
Strukturierung des Alltags erkennen.
Das Projekt "Investigation of Comparative Judgement regarding
job and living preferences", unter anderem angeregt von TU-Professor
Arnold Upmeyer, soll über berufliche Ziele, Motivationen und
kulturelle Identität nigerianischer Studierender während
der Globalisierungsprozesse Auskunft geben.
Weitere Felduntersuchungen in archaischen Kulturen wiesen darauf
hin, dass dort, entgegen früherer Meinungen, durchaus Farbbezeichnungen
existieren. Diese beziehen sich allerdings, ähnlich wie im
antiken Europa, auf spezifische Objekte, vergleichbar mit der "Orange",
die uns Europäern den Namen für die Farbe Orange lieferte.
Ein weiteres Projekt untersucht die Hintergründe weiblicher
Genitalverstümmelung. Hier führte die Kooperation mit
der University Ibadan
in Nigeria zu Erkenntnissen über kulturspezifische Sichtweisen
und Deutungsmuster.
Dr. Arnold Groh
www.cultos.org
www.inst.at/trans/15Nr/09_1/groh15.htm
http://no-fgm.at.gs
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