6/04
Juni 2004
 
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Bachelor im Verkehrswesen - beim kritischen Vergleich nicht unangreifbar

Bachelor und Master - ehrenwerte Ziele zur Modernisierung des Ingenieurstudiums. Das Maximalziel, der wissenschaftliche Master, wird von einer guten deutschen Technischen Universität erreicht werden können. Das Teilziel Bachelor scheint mir jedoch in seiner Problematik noch nicht hinreichend erkannt.

Der Anspruch, in deutlich kürzerer Zeit einen berufsqualifizierenden Abschluss zu erreichen, ist äußerst kritisch. Immerhin muss eine hinreichende Qualifikation für verantwortliche Ingenieurtätigkeiten in etablierten Branchen erworben werden: im Verkehrswesen sind das Fahrzeugbau, Verkehrswegeplanung, Flugzeugbau, Schiffstechnik und Verkehrssystemplanung. Das sind sowohl verkehrsträgerspezifische als auch systemübergreifende, die gesamte Verkehrsproblematik betreffende Tätigkeiten.

Für das Diplom im Verkehrswesen hat sich die Strukturierung nach vier Studienrichtungen (Land, Luft, Wasser, verkehrsträgerübergreifend) bewährt. Auf diese Untergliederung könnte man für ein viel kürzeres Bachelor-Studium verzichten und eine allgemeine ingenieurwissenschaftliche und verkehrstechnische Grundlage bieten, vielleicht mit Schwerpunktbildung. Doch mit Blick auf die Akzeptanz in der Praxis, die bei einem Universitätsabschluss eine entsprechende Konkretisierung erwartet, ist dies unrealistisch. Nach vielen Praxiskontakten bin ich sicher, dass die ohnehin zu erwartenden Akzeptanzprobleme eines TU-Bachelors noch weiter erheblich zunehmen würden.

Eine spezielle Fachrichtung müsste also sehr früh gewählt werden, ein späterer Richtungswechsel wäre immer mit Zeitverlust verbunden. Das wäre der Preis für die Chance, zuverlässig in kurzer Zeit einen auch für die Praxis attraktiven ersten Abschluss zu erreichen.

Beim kritischen Vergleich zwischen einem FH-Abschluss und einem TU-Bachelor wären die Universitäten stärker als bisher mit dem Wettbewerb der Fachhochschulen konfrontiert, und ihre Position ist dabei keineswegs sicher und unangreifbar. Der TU-Absolvent wird zwar nach wie vor häufig, angesichts zunehmender Komplexität zu lösender Aufgaben, als geeigneter und zukunftsfähiger betrachtet. Das gilt allerdings im Zweifelsfall für den Masterabschluss. Die Chancen eines TU-Bachelor in der Industrie sind meines Erachtens nur gegeben, wenn er sich deutlich vom FH-Abschluss abhebt. Darüber sollte mit der Praxis noch intensiv gesprochen werden.

Ein möglicher spezieller Pluspunkt für den TU-Bachelor könnte zum Beispiel das Angebot sein, aus der Berufstätigkeit heraus das Masterstudium weiter zu betreiben, sowohl als Präsenz- als auch als Fernstudium. Dazu müssten Universität und Unternehmen sehr eng zusammenarbeiten.
(Beitrag gekürzt)

Prof. Dipl.-Ing. Horst Linde,
Institut für Land- und Seeverkehr,
Fachgebiet Seeverkehr

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