Live dabei - Probe im OP
Studierende optimieren Arbeitsabläufe zusammen mit der
Charité
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Im Operationssaal der Charité
durften Studierende dem Krankenhauspersonal auf die Finger schauen,
wie hier bei einem chirurgischen Eingriff |
Mit rund einer Million Arbeitnehmern und einem Umsatz von etwa
75 Milliarden Euro gehören die Krankenhäuser zu den wichtigsten
Arbeitssystemen in Deutschland. Durch die Reform des Gesundheitswesens
stehen sie zunehmend unter Druck, effizient und sicher zu arbeiten
und ihre Prozesse transparent zu gestalten. Ein lohnendes Feld für
Studierende der Arbeitswissenschaft.
Prof. Dr. Wolfgang Friesdorf, Leiter des Fachgebiets
Arbeitswissenschaft und Produktergonomie (AwB), arbeitete selbst
mehrere Jahre als Anästhesist und Intensivmediziner. "Die
Krankenhäuser müssen durch Rationalisierung Ausgaben sparen,
sonst droht eine ethisch bedenkliche Rationierung von Leistungen",
sagt er. Die Methoden, die die arbeitswissenschaftliche Forschung
seit langer Zeit erfolgreich für die Industrie entwickelt,
lassen sich jedoch nicht ohne weiteres auf das System Krankenhaus
übertragen. Denn dieses ist wesentlich komplexer, und neben
den Interessen der Mitarbeiter steht die optimale Betreuung der
Patienten im Mittelpunkt. Dennoch sei durch stärkere Standardisierung
von Abläufen das Optimierungspotenzial gewaltig, meint Friesdorf.
In der Blockveranstaltung "Arbeitssystem Krankenhaus - Systemergonomie"
sollten die Studierenden im vergangenen Semester eine Methodik zur
Analyse und Optimierung von klinischen Behandlungsabläufen
hinsichtlich Qualität und Kosten entwickeln. Erprobt und bewertet
wurden diese speziell am Prozess der Narkoseeinleitung. Die AwB
arbeitet seit vielen Jahren mit dem Universitätsklinikum
Charité Berlin zusammen, in dessen medizinischer Fakultät
Friesdorf eine Zweitmitgliedschaft besitzt. Oberarzt Dr. Torsten
Schröder ermöglichte den Studierenden - mit Einwilligung
der Patienten -, den Prozess, den sie beschreiben sollten, im OP
live zu verfolgen und digital aufzuzeichnen.
Die Studierenden mit dem Wahlfach Arbeitswissenschaft kommen aus
verschiedenen Disziplinen wie Betriebswirtschaftslehre, Soziologie
oder Wirtschaftsingenieurwesen. Die AwB hat zwar einen Simulations-OP
und -Intensivraum, aber mit der klinischen Routine war noch keiner
der Studierenden vertraut. "Für manche war es eine physische
Belastung", meint Projektkoordinator Robert Struwe, Mitarbeiter
am Fachgebiet AwB, "aber nur so können die Studierenden
ein wirkliches Verständnis für Abläufe im OP entwickeln."
Probleme mit medizinischem Fachvokabular gab es dagegen kaum, da
sich die Anästhesisten der Charité bemühten, ihre
Arbeit einfach und anschaulich zu erklären.
Die Studierenden arbeiteten selbstständig in Teams und präsentierten
ihre Ergebnisse in der Lehrveranstaltung. Abschließend verfassten
sie Berichte und bereiten nun eine Publikation vor. Friesdorf zeigt
sich sehr zufrieden: "Die Charité hat großes Interesse
an den Ergebnissen und auch in unsere Forschung werden sie einfließen."
Auch in diesem Semester wird die Lehrveranstaltung wieder in Kooperation
mit der Charité angeboten.
Jeff Logan,
Fachgebiet Arbeitswissenschaft
und Produktergonomie
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