11/04
November 2004
 
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Schattenwirtschaft

Energiesparendes Konzept mit Regenwasser- und Pflanzenkühlung in Adlershof

An der Fassade des Modellgebäudes ranken die noch jungen Pflanzen an Bambusstangen gen Himmel

Blauregen, Clematis, wilder Wein und sogar Kiwis klettern aus 150 Fassadenkübeln an den Außen- und Innenhoffassaden des vierstöckigen HU-Physikgebäudes auf dem Campus Adlershof hoch. Sie werden geleitet und gehalten von dicken, naturbelassenen Bambusstangen. Was aussieht wie ein gärtnerisches Experiment, ist in Wahrheit ein einmaliges Ingenieurbauprojekt zur Fassadenbegrünung, zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung und zur Energieeffizienz. Das Modellvorhaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird wissenschaftlich begleitet und umgesetzt vom TU-Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung, Fachgebiet Wasserhaushalt und Kulturtechnik.

"Die Versiegelung von Stadtgebieten nimmt ständig zu, sodass immer weniger Regenwasser auf natürlichem Wege abgeleitet werden kann. Es müssen immer größere und teurere Abwasserkanäle gebaut werden, damit sie nicht ständig überlaufen", erklärt Projektleiter Marco Schmidt. Damit wird das Thema "Stadtentwässerung" für die Städteplaner immer interessanter. Denn im Extremfall führt die Veränderung der Flächennutzung bei Starkregen zu Folgeschäden wie 2002 in Dresden. Bundesweit beträgt der Freiflächenverbrauch mehr als 120 Hektar, obwohl das Bevölkerungswachstum stagniert.

Das Fachgebiet unter Leitung von Professor Dr. Heiko Diestel hat schon mehrere alternative Projekte in Berlin durchgeführt. Das Gebäude auf dem Campus Adlershof vereint nun die Erfahrungen der letzten Jahre. Es hat als eines der wenigen Gebäude bundesweit keinerlei Regenwasserableitung. Durch ein ausgeklügeltes System werden mit dem anfallenden Regenwasser, das in Zisternen aufgefangen wird, die Schatten spendenden Pflanzen bewässert. Überschüssiges Wasser wird im Innenhof in einen Teich geleitet, wo es natürlich versickert. Das schattige, kühlende Grün an den Fassaden reduziert die Wärmelast der einfallenden Sonnenstrahlen, die sonst im Sommer abgeführt werden müsste, zum Beispiel durch Klimaanlagen. Durch ihre Verdunstung kühlen die Pflanzen gleichzeitig ihre Umgebung, ein zusätzlicher Effekt. Ein Teil des Regenwassers wird in Kühlungsanlagen geleitet, die die Klimatisierung der technischen Gebäudeteile gewährleisten. Bei der so genannten adiabatischen Kühlung wird Wasser in den Abluftstrom des Gebäudes versprüht und die Zuluft über einen Wärmetauscher vorgekühlt.

"Das entlastet nicht nur die Umwelt, sondern senkt auch die Betriebskosten", erklärt Schmidt, "denn bei der Verwendung von Regenwasser anstelle von Trinkwasser in den Klimaanlagen kann gleich dreifach gespart werden." Diese Energie sparende Art der Regenwasserbewirtschaftung nennen die Wissenschaftler "Passive Gebäudekühlung". Wichtiges Anliegen des Projektes ist es auch, durch genaue Analysen Messdaten zur exakten Bestimmung der Gesamtenergiebilanz zu gewinnen, um der passiven Kühlung Eingang in die deutsche Baurechtsnovelle zu verschaffen.

Marco Schmidt: "Unsere Erfahrungen mit diesem Projekt sind mittlerweile auch im Ausland sehr gefragt, da weltweit der Energieverbrauch für die Klimatisierung von Gebäuden dramatisch steigt."

Patricia Pätzold

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