Konten für Freizeit und Lebensarbeitszeit - Neuland für
alle
Zwischenbilanz nach einem Jahr mit dem neuen Tarifvertrag
Seit fast einem Jahr leben wir mit dem Anwendungstarifvertrag Hochschulen
- mehr oder weniger schlecht. Die Auswirkungen für die Beschäftigten
sind sehr unterschiedlich: Für die einen hat er trotz verordneter
Teilzeitarbeit sogar noch ein kleines Plus im Geldbeutel erbracht,
für die anderen bedeutet er kräftige Gehaltskürzungen.
Und für alle zusammen muss man feststellen, dass die Arbeitsmenge
nicht abgenommen hat.
Wenn man also betrachtet, was die Beschäftigten in Kauf genommen
haben und noch für weitere Jahre nehmen, dann ist es umso ärgerlicher,
wie die Universitätsleitung eigenmächtige Auslegungen
des Tarifvertrages (TV) trifft beziehungsweise mit ungeklärten
Fragen umgeht:
- Von Anfang an gab es Diskussionen um die Situation von befristeten
Wissenschaftlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen (WM) und
Drittmittelbeschäftigten. Das Kuratorium
formulierte deshalb mit Tarifvertragsabschluss den Auftrag an
die Verhandlungspartner, Regelungen zu finden, die den besonderen
Bedingungen dieser beiden Gruppen gerecht werden.
Laut Vereinbarung können nun die WMs die Hälfte ihres
"Freizeitkontos" zurückkaufen. Für die Drittmittelbeschäftigten
gab es jedoch kein zufrieden stellendes Verhandlungsergebnis.
Was tut die TU Berlin? Sie vertritt die Position, dass die wissenschaftlichen
Drittmittelbeschäftigten nicht unter den Bundesangestelltentarif
(BAT) fallen und somit auch nicht dem Anwendungstarifvertrag unterliegen.
Sie erhalten damit weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld, müssen
aber voll arbeiten, auch die Halbtagsbeschäftigten, die ja
sonst im Tarifvertrag von Kürzungen ausgenommen sind. Das
gilt aber nicht für technisches Personal oder Verwaltungsangestellte
in Drittmittelprojekten.
- Besonders viel Wirbel verursacht das Thema Altersteilzeit (ATZ).
Aufgrund einer einseitigen Auslegung durch den Berliner Senat
wurde für die Berechnung des Ausgleichsbetrages statt der
aktuellen Nettolohntabelle von 2004 diejenige von 2003 zugrunde
gelegt. Im Monat Mai mussten daraufhin viele Beschäftigte
Abzüge von mehreren hundert Euro hinnehmen.
Außerdem gab es Unsicherheiten in Bezug auf die tarifvertragliche
Regelung, dass zukünftige ATZ-Beschäftigte so behandelt
werden, als hätte es für sie keine Absenkung gegeben.
Um Sicherheit zu schaffen, wurden bis Ende August auf Landesebene
Verhandlungen geführt, die beide Punkte jetzt eindeutig regeln.
Während die TU Berlin sofort dabei war, als es um die Rückzahlung
der angeblich zu viel bezahlten Einkommen ging, dauert es jetzt
bereits wieder zwei Monate, ohne dass Verhandlungen zur Übernahme
des Landesergebnisses aufgenommen sind. Dabei warten darauf inzwischen
viele Beschäftigte, die in Altersteilzeit gehen wollen.
- Probleme gab es auch bei der Gewährung von Freizeit aus
dem "Arbeitszeitkonto". So wird teilweise versucht,
Beschäftigte vor die Alternative zu stellen, entweder jährlich
ihre freien Tage zu nehmen oder sie auf das Lebensarbeitszeitkonto
zu übertragen. Auch dies entspricht nicht dem Wortlaut des
Tarifvertrages.
Mit Sicherheit wird es nicht bei diesen Schwierigkeiten bleiben,
denn schließlich war und ist diese tarifvertragliche Situation
Neuland für alle. Insofern fordern wir alle Beschäftigten
auf, sich bei Problemen an den Personalrat
oder die Gewerkschaft zu wenden.
Die Hochschulleitung fordern wir auf, endlich die offenen Punkte
ernsthaft anzugehen. Dies betrifft insbesondere die Drittmittelbeschäftigten.
Das Spiel "Wir ärgern euch so lange, bis ihr die Verhandlungen
abbrecht und damit den schwarzen Peter habt" ist nicht im Interesse
der Beschäftigten und auch nicht in dem der TU Berlin.
Hannelore Reiner,
Mitglied der ver.di-Tarifkommission
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