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April 2005
 
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NS-Gedenkstätten im Wandel

In Berlin wird über eine Bundesstiftung für die nationalen Mahnmale der ermordeten Juden und der Widerständler diskutiert

Seit Jahren gibt es Streit um die richtige Ausgestaltung der Gedenkstätte "Topographie des Terrors" in Berlin-Mitte. Im Hintergrund stehen noch Reste der Berliner Mauer
Foto: TU-Pressestelle

Kultur ist Ländersache. Da die Orte, an denen der Opfer des nationalsozialistischen Terrors gedacht und über die Täter aufgeklärt wird, ein zentraler Teil unserer Erinnerungskultur sind, gehören sie in der Bundesrepublik in die Zuständigkeit der Länder. Das änderte sich - zunächst vorläufig und befristet - erst mit der Wiedervereinigung, als es um die Weiterführung der von der DDR errichteten "Nationalen Mahn- und Gedenkstätten" ging, deren Kosten nicht allein den nun zuständigen neuen Bundesländern aufgebürdet werden sollten. Der Bund entschloss sich deshalb, für zunächst zehn Jahre jeweils die Hälfte der Kosten für Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen zu übernehmen. In dieses Programm wurden auch die Stiftung "Topographie des Terrors", die Gedenkstätte Deutscher Widerstand und die Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz in Berlin einbezogen.

Vorschläge des Deutschen Bundestages aufgreifend, legte die Bundesregierung 1999 eine "Gedenkstättenkonzeption" vor, mit der eine auf Dauer gestellte nationale Gedenkstättenpolitik hinsichtlich der NS-Herrschaft, aber auch der SED-Herrschaft begründet wurde. Die 50-prozentige Beteiligung des Bundes an den bisher geförderten Einrichtungen wurde entfristet. Zugleich wurde ein Fonds geschaffen, aus dem jährlich Projektmittel zur Förderung von Gedenkstätten zur Verfügung gestellt werden können.

Anders als in der DDR, in der die Erinnerungspolitik zentral gesteuert wurde, ist in der alten Bundesrepublik seit den 1980er-Jahren eine breit aufgefächerte Gedenkstättenlandschaft entstanden, für deren Entstehung das bürgerschaftliche Engagement eine entscheidende Rolle spielte. Da man sich an den historischen Orten orientierte, ist diese Landschaft in ihrer Struktur notwendigerweise dezentral. Die Entscheidung des Deutschen Bundestages, das von einer Bürgerinitiative initiierte Projekt eines Berliner Denkmals für die ermordeten Juden Europas zu einer nationalen Angelegenheit zu machen, bedeutete deshalb einen zumindest partiellen Richtungswechsel. Dem entsprach, dass auch das Jüdische Museum in Berlin, das eine Abteilung des Berliner Stadtmuseums war, zu einem nationalen Museum in der alleinigen Verantwortung des Bundes gemacht wurde.

Anfang Februar 2005 ist nun von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ein Papier veröffentlicht worden, in dem die Gründung einer Bundesstiftung für die NS-Gedenkstätten in Berlin vorgeschlagen wird. Dabei geht es um die "Topographie des Terrors", die Gedenkstätte Deutscher Widerstand und das Haus der Wannseekonferenz und um das Denkmal für die ermordeten Juden mit dem "Ort der Information". Die bestehenden Einrichtungen, die eine unbestritten erfolgreiche Arbeit geleistet haben, sollen ihr je spezifisches Profil ebenso wie die Zuständigkeit für ihre inhaltliche Arbeit behalten. Die Stiftung soll diese Tätigkeiten bündeln und nach außen vertreten.

Dieses Konzept bedarf der öffentlichen Diskussion und der Präzisierung in wichtigen Punkten. Zu begrüßen ist vor allem, dass sich der Bund damit zu einer besonderen Verantwortung für die hauptstädtische Erinnerungskultur bekennt. Das Holocaust-Denkmal, das im Mai dieses Jahres eröffnet wird, wird dadurch in die seit vielen Jahren bestehenden Einrichtungen zur NS-Geschichte eingebunden. Die pluralistisch konzipierte Berliner Erinnerungslandschaft bleibt in ihrer Grundstruktur erhalten, wird aber durch das gemeinsame Dach national und international in ihrer Vielfalt besser wahrgenommen werden, als das bisher der Fall ist.

Prof. Dr. Reinhard Rürup

Reinhard Rürup ist emeritierter TU-Professor des Instituts für Geschichte und leitete viele Jahre die "Topographie des Terrors"

 

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