NS-Gedenkstätten im Wandel
In Berlin wird über eine Bundesstiftung für die nationalen
Mahnmale der ermordeten Juden und der Widerständler diskutiert
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Seit Jahren gibt es Streit
um die richtige Ausgestaltung der Gedenkstätte "Topographie
des Terrors" in Berlin-Mitte. Im Hintergrund stehen noch
Reste der Berliner Mauer
Foto: TU-Pressestelle |
Kultur ist Ländersache. Da die Orte, an denen der Opfer des
nationalsozialistischen Terrors gedacht und über die Täter
aufgeklärt wird, ein zentraler Teil unserer Erinnerungskultur
sind, gehören sie in der Bundesrepublik in die Zuständigkeit
der Länder. Das änderte sich - zunächst vorläufig
und befristet - erst mit der Wiedervereinigung, als es um die Weiterführung
der von der DDR errichteten "Nationalen Mahn- und Gedenkstätten"
ging, deren Kosten nicht allein den nun zuständigen neuen Bundesländern
aufgebürdet werden sollten. Der Bund entschloss sich deshalb,
für zunächst zehn Jahre jeweils die Hälfte der Kosten
für Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen zu übernehmen.
In dieses Programm wurden auch die Stiftung
"Topographie des Terrors", die Gedenkstätte
Deutscher Widerstand und die Gedenkstätte
Haus der Wannseekonferenz in Berlin einbezogen.
Vorschläge des Deutschen Bundestages aufgreifend, legte die
Bundesregierung 1999 eine "Gedenkstättenkonzeption"
vor, mit der eine auf Dauer gestellte nationale Gedenkstättenpolitik
hinsichtlich der NS-Herrschaft, aber auch der SED-Herrschaft begründet
wurde. Die 50-prozentige Beteiligung des Bundes an den bisher geförderten
Einrichtungen wurde entfristet. Zugleich wurde ein Fonds geschaffen,
aus dem jährlich Projektmittel zur Förderung von Gedenkstätten
zur Verfügung gestellt werden können.
Anders als in der DDR, in der die Erinnerungspolitik zentral gesteuert
wurde, ist in der alten Bundesrepublik seit den 1980er-Jahren eine
breit aufgefächerte Gedenkstättenlandschaft entstanden,
für deren Entstehung das bürgerschaftliche Engagement
eine entscheidende Rolle spielte. Da man sich an den historischen
Orten orientierte, ist diese Landschaft in ihrer Struktur notwendigerweise
dezentral. Die Entscheidung des Deutschen Bundestages, das von einer
Bürgerinitiative initiierte Projekt eines Berliner Denkmals
für die ermordeten Juden Europas zu einer nationalen Angelegenheit
zu machen, bedeutete deshalb einen zumindest partiellen Richtungswechsel.
Dem entsprach, dass auch das Jüdische
Museum in Berlin, das eine Abteilung des Berliner Stadtmuseums
war, zu einem nationalen Museum in der alleinigen Verantwortung
des Bundes gemacht wurde.
Anfang Februar 2005 ist nun von der Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien ein Papier veröffentlicht worden,
in dem die Gründung einer Bundesstiftung für die NS-Gedenkstätten
in Berlin vorgeschlagen wird. Dabei geht es um die "Topographie
des Terrors", die Gedenkstätte Deutscher Widerstand und
das Haus der Wannseekonferenz und um das Denkmal für die ermordeten
Juden mit dem "Ort der Information". Die bestehenden Einrichtungen,
die eine unbestritten erfolgreiche Arbeit geleistet haben, sollen
ihr je spezifisches Profil ebenso wie die Zuständigkeit für
ihre inhaltliche Arbeit behalten. Die Stiftung soll diese Tätigkeiten
bündeln und nach außen vertreten.
Dieses Konzept bedarf der öffentlichen Diskussion und der
Präzisierung in wichtigen Punkten. Zu begrüßen ist
vor allem, dass sich der Bund damit zu einer besonderen Verantwortung
für die hauptstädtische Erinnerungskultur bekennt. Das
Holocaust-Denkmal, das im Mai dieses Jahres eröffnet wird,
wird dadurch in die seit vielen Jahren bestehenden Einrichtungen
zur NS-Geschichte eingebunden. Die pluralistisch konzipierte Berliner
Erinnerungslandschaft bleibt in ihrer Grundstruktur erhalten, wird
aber durch das gemeinsame Dach national und international in ihrer
Vielfalt besser wahrgenommen werden, als das bisher der Fall ist.
Prof. Dr. Reinhard Rürup
Reinhard Rürup ist emeritierter TU-Professor des Instituts
für Geschichte und leitete viele Jahre die "Topographie
des Terrors"
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