Schwere Hypotheken
Berliner Immobilienmarkt-Studie zeigt unterdurchschnittliches
Wirtschaftswachstum
In sieben der letzten zehn Jahre ist die Wirtschaftsleistung
der deutschen Hauptstadt geschrumpft. Die Erwartungen an Berlin
als Wachstumsgarant haben sich bisher nicht erfüllt. Der anhaltende
Strukturwandel hat auch die Immobilienmärkte stark belastet.
Allein zehn Prozent der Büroimmobilien stehen leer: ein Rekord.
Doch das sei wahrscheinlich noch nicht das Ende der Fahnenstange,
sagt Dr. Guido Spars vom TU-Fachgebiet
Stadt- und Regionalökonomie. Anfang März stellte er
die zusammen mit der Deutschen
Bank Research entworfene Immobilienmarktstudie "Mit schwerer
Hypothek in die Zukunft" vor.
Den fortschreitenden Abbau der Industrie in Berlin könne der
Dienstleistungssektor bislang nicht kompensieren, so die Autoren
der Studie, Dr. Guido Spars und Dr. Tobias Just (Deutsche Bank Research).
Mit 0,4 Prozent lag das Wachstum im Jahr 2004 um 1,2 Prozent unter
dem Bundesdurchschnitt des Bruttoinlandsproduktes. "Wichtige
Dienstleistungscluster haben sich bereits an anderen Standorten
entwickelt", so Guido Spars, "Beschäftigungswachstum
kann also in Berlin fast ausschließlich in neuen Sektoren
wie der Medien-, der Informations- und Kommunikationsbranche oder
der Biotechnologie entstehen." Der Schub durch die Wiedervereinigung
sei verloren, jetzt laste die Strukturanpassung auf der Wirtschaft.
Umsätze gingen zum vierten Mal in Folge zurück
Auch auf dem Immobilienmarkt sieht es eher düster aus. Der
Leerstand der Büroflächen, die sich in fälschlicher
Erwartung des Booms in den 90er-Jahren auf 18 Millionen Quadratmeter
aufblähten und die Preise nach unten korrigierten, werde nur
langsam sinken, und das auch nur, wenn ab 2006 die Wirtschaft in
Schwung komme. Dennoch ist die Bürofläche in Relation
zur Einwohnerzahl gering, verglichen mit Städten wie Frankfurt
oder München - ein Ausdruck der Wirtschaftsschwäche.
Auch im Einzelhandel gibt es ein Überangebot an Immobilien.
Während die Umsätze 2004 zum vierten Mal in Folge zurückgingen,
entstehen weiterhin immer neue Verkaufsflächen, was die Produktivität
der Flächen zwangsläufig sinken lässt. Sie würden
keine zusätzliche Nachfrage schaffen, so die Autoren der Studie,
sondern eher andere Angebote in der Stadt verdrängen.
Immerhin kommt der Wohnungsmarkt allmählich ins Gleichgewicht.
Die Mieten sanken in den letzten Jahren durch ein vergrößertes
Angebot. In den nächsten Jahren müsse nicht mit starken
Preisänderungen, weder nach oben noch nach unten, gerechnet
werden.
Hoffnungsträger Bildung und Forschung
Doch mittelfristig, so die optimistische Aussicht, müsse die
Stadt den Mut nicht sinken lassen. Gerade die sehr gute Bildungs-
und Forschungsinfrastruktur und die offene Gesellschaft zögen
junge und engagierte Menschen aus dem In- und Ausland nach Berlin
und machten es der Ansiedlung neuer Branchen leichter.
Patricia Pätzold
|