Auf den billigen Plätzen
Sechster Bericht der Zentralen Frauenbeauftragten: Trotz guter
Erfolge wirken Mittelkürzungen und Strukturänderungen
auch auf die Gleichstellung
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Psychologiestudentin Melanie
Rahm hat sich für Kind und Studium entschieden und muss
gut organisieren. Die Doppelbelastung ist nach wie vor entscheidender
Wettbewerbsnachteil für Frauen
Foto: TU-Pressestelle |
"Wir befinden uns in einer Entwicklung, die sich nicht gerade
vorteilhaft auf die Situation von Frauen an der TU Berlin auswirken
wird", kommentierte die Zentrale
Frauenbeauftragte Heidi Degethoff de Campos, als sie kürzlich
ihren sechsten Bericht vorlegte. "Das ist besonders bitter,
weil wir gerade in den letzten drei Jahren die Anstrengungen der
Gleichstellungspolitik sichtbar machen konnten." Der Berichtszeitraum
2004 sei gekennzeichnet von Strukturreformprozessen, Mittelkürzungen
sowie der Streichung von Stellen und Studiengängen. "Die
so genannte Profilschärfung, die Reduzierung der bisherigen
vielfältigen Gestalt der TU Berlin auf Technik- und Naturwissenschaften,
stellt sich mir eher als Schleifen eines bis dahin interessanten
und differenzierten Profils dar."
Immerhin habe sich in den vergangenen Jahren die Anzahl der Studentinnen
erhöht, obwohl eine Reihe von Studiengängen eingestellt
wurden, die vorwiegend von Frauen studiert wurden. Bedenklich sei
aber, dass das auf Promotionen oder Professuren nicht zutreffe,
obwohl Frauen erheblich bessere Prüfungsergebnisse erzielten
und auch seltener durchfielen. Auch bei den Beschäftigten in
Technik und Verwaltung, wo sie sogar die Mehrheit stellen, befänden
sich die Frauen nach wie vor auf den "billigen Plätzen",
den unteren Besoldungs- und Vergütungsgruppen. "Da tröstet
auch der Umstand nicht, dass die Abteilungsleitungen quotiert sind,
je zwei Frauen und zwei Männer", sagt Heidi Degethoff
de Campos.
Dennoch waren besonders gute Ergebnisse in Gleichstellungsrankings
für die TU Berlin das Ergebnis der Anstrengungen der Frauenarbeit
an der Universität. Im ersten Ranking vom Kompetenzzentrum
Frauen in Wissenschaft und Forschung (cews) erreichte die TU
Berlin in der Gruppe "Gesamthochschulen und Universitäten"
einen guten zweiten Platz. Das Kompetenzzentrum
"Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie"
führte im April 2004 ein Ranking nach Studienanfängerinnen
in Naturwissenschaft und Technik durch. Das gute Abschneiden in
diesem Ranking zeigt, wie erfolgreich die TU-Initiativen sind, die
Schülerinnen für natur- und technikwissenschaftliche Studiengänge
zu gewinnen suchen. In der Elektrotechnik, im Wirtschaftsingenieurwesen
und in der Physik ist die TU Berlin danach der größte
Ausbildungsort Deutschlands beziehungsweise bei den technischen
Universitäten. Die Initiative D21 zeichnete das differenzierte
Gleichstellungsprogramm im Jahr 2004 sogar mit einem Zukunftspreis
aus (siehe
TU intern 12/2004).
"In den Hochschulverträgen ist Gleichstellung ein Parameter
zur leistungsorientierten Mittelzuweisung", erinnert die Zentrale
Frauenbeauftragte. "Es wird sich also lohnen, darüber
nachzudenken, wie die TU Berlin trotz der Rahmenbedingungen weiter
mit den anderen Universitäten im Land konkurrieren kann."
tui
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