7-9/05
Juli 2005
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Empfindlichstes Organ der Menschheit

Orte der Erinnerung: Triumph und Tragik des deutschen Physikers Hans Geiger

Noch heute gut gepflegt: das Grab von Hans Geiger auf dem Neuen Friedhof in Potsdam
Foto: Förster

Wer kennt nicht den Geigerzähler? Fast jedes Kind weiß, wozu er benutzt wird. Im Atomzeitalter ist das Geiger-Müller-Zählrohr - wie es offiziell heißt - ein unentbehrliches Werkzeug aller Strahlenphysiker. Schon 1929 machte es seine Erfinder über die Grenzen der Physik hinaus bekannt. Im September 1945, vor sechzig Jahren, starb Johannes (Hans) Wilhelm Geiger in Potsdam.

Als er 1936, in schwieriger Zeit, den Direktoren-Posten am Physikalischen Institut der TH Berlin übernahm, hatte er schon eine internationale Karriere hinter sich. Geiger, 1882 in Neustadt/Weinstraße geboren, entstammte dem Bildungsbürgertum. Er wuchs in München und Erlangen auf, wo sein Vater als Universitätsprofessor Iranistik und Indologie lehrte. Der Junge besuchte das Fridericianum in Erlangen und machte dort 1901 Abitur. Bereits im Gymnasium interessierte er sich für Mathematik und Naturwissenschaften. Im Herbst 1901 begann er sein Mathematik- und Physikstudium in Erlangen.

Durch seinen Lehrer Professor Wiedemann geriet er schließlich in den Bann der Experimentalphysik, die lebenslang sein wissenschaftliches Hauptarbeitsfeld blieb. 1904 wechselte er für ein Semester an die Universität nach München, wo er auch Vorlesungen an der Technischen Hochschule hörte. Bald legte er die erste Lehramtsprüfung ab und beendete sein Studium 1906 mit einer Dissertation über radioaktive Strahlungen. Sein Doktorvater, Professor Wiedemann, vermittelte ihm die Assistentenstelle bei Professor Arthur Schuster an der Universität Manchester.

Die Institutsleitung übernahm 1907 der Nobelpreisträger Ernest Rutherford. Von dessen kooperativem Forschungsansatz war Geiger begeistert, wie Rutherford ihn als exzellenten Experimentalphysiker schätzte. 1908 veröffentlichten sie gemeinsam eine Arbeit über elektrische Zählmethoden von Alphateilchen. Im selben Jahr gelang Geiger der Nachweis über die statistische Natur des radioaktiven Zerfalls. Aber er war in Manchester auch als Dozent tätig. Über seinen Englandaufenthalt schrieb er an Max von Laue: "Wenn ich etwas für unsere Physik habe tun können, so verdanke ich das vor allem dem Glück, dass ich schon in jungen Jahren mit Rutherford in Berührung kam." 1912 folgte Geiger einem Ruf an die Berliner Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR). Dort leitete er das Labor für Radioaktivität. Außerdem war er Privatdozent an der TH Berlin. Im Ersten Weltkrieg diente er als Offizier.

Seine Tätigkeit an der PTR nahm er 1919 wieder auf. Im Jahre 1920 heiratete er Elisabeth Heffter, die ihm drei Söhne schenkte. Mit einer Arbeit über Alpha-Strahlen habilitierte er sich 1924 an der Berliner Universität. So konnte er 1925 - als international anerkannter Experimentalphysiker - den Lehrstuhl an der Universität Kiel annehmen. Hier entstand zusammen mit seinem Assistenten Walther Müller (1905-1979) das Geiger-Müller-Zählrohr, das Einstein das "empfindlichste Organ der Menschheit" nannte. Im August 1929 wechselte er auf den Experimentalphysik-Lehrstuhl nach Tübingen. Als Hochschullehrer verstand er es meisterhaft, seine Studenten für Physik zu gewinnen. Seine Vorlesungen waren anschaulich, seine Rede klar, überzeugend und oft heiter. Die Zuhörer nannten ihn "Varieté-Geiger".

1933 brach die NS-Politik in Geigers akademisches Leben ein. Seine Berufung zum Direktor des Physikalischen Instituts der TH Berlin erfolgte 1936. Bei Kriegsausbruch wurde er für Forschungen zur Uranspaltung verpflichtet. Resignation und Krankheit untergruben seine Vitalität. Hans Geiger starb am 24. 9. 1945 in Potsdam. Dort, auf dem Neuen Friedhof, befindet sich sein Grab.

Hans Christian Förster

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