Was von der Mauer übrig blieb
Die Feindseligkeit des monströsen Bauwerks ist nicht mehr
erlebbar - ein Vorschlag zur Erinnerungskultur
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Ein Erinnerungsort könnte
westlich des Berliner Abgeordnetenhauses entstehen (Animation)
Foto: Promo |
Viel ist von der Mauer in Berlin nicht mehr zu sehen. "Selbst
das wenige Authentische, das noch steht, ist ständig gefährdet",
sagt Prof. Dr. Johannes Cramer. So sei unlängst am Nordbahnhof
ein Stück Mauer abgerissen worden, um Platz zu schaffen für
Beach-Volleyball-Felder. Und noch etwas sagt Cramer, der an der
TU Berlin Baugeschichte lehrt: "Die Erfahrbarkeit der Mauer
in Berlin ist desaströs." Fazit einer vierjährigen
Arbeit. In dieser Zeit haben er und drei seiner Mitarbeiter zusammen
mit Studierenden im Detail dokumentiert, was von der Mauer noch
erhalten und was verloren ist. Vergangene Woche präsentierte
er die Ergebnisse seiner Bestandserhebung und Bauforschung: Ein
Prozent der innerstädtischen Mauer steht noch und der Todesstreifen
ist fast überall verschwunden, "seine Feindseligkeit nicht
mehr erlebbar", resümiert Cramer.
Nun, da vieles unwiederbringlich verloren ist, beklagen Politiker
wie Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, dass dieses Stück
deutscher Geschichte gründlich eingeebnet worden sei, wodurch
die Vermittlung eines authentischen Geschichtsbildes unmöglich
werde. Wie aber soll in Berlin an die Mauer erinnert werden, und
wo? Johannes Cramer kritisiert, dass ein Gesamtkonzept der Erinnerungsarbeit
nicht existiert, und formuliert seine Kritik gleichzeitig als Forderung.
Dieses Konzept müsse die vorhandenen Gedenkorte miteinander
verbinden und die Tatsache verdeutlichen, dass die Mauer nicht nur
durch die Stadt, sondern auch um Westberlin herum verlief. Es muss
vor allem die Mauer im städtischen Kontext erfahrbar machen.
Ein Erinnerungsort könnte westlich des Berliner Abgeordnetenhauses
entstehen, so sein Vorschlag. "Dort gibt es noch ein Areal,
das die Ausdehnung des Grenzstreifens zeigt, samt Betonfläche
dahinter; Teile der Hinterlandmauer und des zugehörigen rot-weißen
Sperrbalkens sind noch erhalten, und in unmittelbarer Nähe
stehen noch 200 Meter Grenzmauer", so Cramer. Mit geringem
Aufwand könne man durch Oberflächengestaltung und didaktische
Einbauten, keinesfalls Rekonstruktion, den Grenzstreifen und die
Tiefe der Grenzanlagen lesbar machen.
Sybille Nitsche
http://baugeschichte.a.tu-berlin.de/bg/forschung/projekte/20jahrhundert/berliner_mauer.htm
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