7-9/05
Juli 2005
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Was von der Mauer übrig blieb

Die Feindseligkeit des monströsen Bauwerks ist nicht mehr erlebbar - ein Vorschlag zur Erinnerungskultur

Ein Erinnerungsort könnte westlich des Berliner Abgeordnetenhauses entstehen (Animation)
Foto: Promo

Viel ist von der Mauer in Berlin nicht mehr zu sehen. "Selbst das wenige Authentische, das noch steht, ist ständig gefährdet", sagt Prof. Dr. Johannes Cramer. So sei unlängst am Nordbahnhof ein Stück Mauer abgerissen worden, um Platz zu schaffen für Beach-Volleyball-Felder. Und noch etwas sagt Cramer, der an der TU Berlin Baugeschichte lehrt: "Die Erfahrbarkeit der Mauer in Berlin ist desaströs." Fazit einer vierjährigen Arbeit. In dieser Zeit haben er und drei seiner Mitarbeiter zusammen mit Studierenden im Detail dokumentiert, was von der Mauer noch erhalten und was verloren ist. Vergangene Woche präsentierte er die Ergebnisse seiner Bestandserhebung und Bauforschung: Ein Prozent der innerstädtischen Mauer steht noch und der Todesstreifen ist fast überall verschwunden, "seine Feindseligkeit nicht mehr erlebbar", resümiert Cramer.

Nun, da vieles unwiederbringlich verloren ist, beklagen Politiker wie Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, dass dieses Stück deutscher Geschichte gründlich eingeebnet worden sei, wodurch die Vermittlung eines authentischen Geschichtsbildes unmöglich werde. Wie aber soll in Berlin an die Mauer erinnert werden, und wo? Johannes Cramer kritisiert, dass ein Gesamtkonzept der Erinnerungsarbeit nicht existiert, und formuliert seine Kritik gleichzeitig als Forderung. Dieses Konzept müsse die vorhandenen Gedenkorte miteinander verbinden und die Tatsache verdeutlichen, dass die Mauer nicht nur durch die Stadt, sondern auch um Westberlin herum verlief. Es muss vor allem die Mauer im städtischen Kontext erfahrbar machen. Ein Erinnerungsort könnte westlich des Berliner Abgeordnetenhauses entstehen, so sein Vorschlag. "Dort gibt es noch ein Areal, das die Ausdehnung des Grenzstreifens zeigt, samt Betonfläche dahinter; Teile der Hinterlandmauer und des zugehörigen rot-weißen Sperrbalkens sind noch erhalten, und in unmittelbarer Nähe stehen noch 200 Meter Grenzmauer", so Cramer. Mit geringem Aufwand könne man durch Oberflächengestaltung und didaktische Einbauten, keinesfalls Rekonstruktion, den Grenzstreifen und die Tiefe der Grenzanlagen lesbar machen.

Sybille Nitsche

http://baugeschichte.a.tu-berlin.de/bg/forschung/projekte/20jahrhundert/berliner_mauer.htm

 

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