Fahrende Schallschutzwände
TU-Ingenieure entwickelten eine Konstruktion, die Berlins S-Bahn
noch leiser macht
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Am Triebdrehgestell eines
S-Bahn-Zuges wird eine Schallschürze montiert, die die
Fahrgeräusche zu vermindern hilft
Foto: Czolbe/FG Schienenfahrzeuge |
Seit Herbst 2004 ist die Berliner
S-Bahn mit 1000 der modernsten Züge ausgestattet, die selbstredend
den geltenden Lärmschutzregelungen entsprechen. Dennoch äußerte
der Berliner Senat im vergangenen Jahr, als der Verkehrsvertrag
mit der DB Regio AG und der S-Bahn Berlin GmbH um weitere 15 Jahre
verlängert wurde, dass bei den modernen Zügen das Anfahrt-
und Bremsgeräusch um fünf Dezibel verringert werden soll.
Ziel der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist es, die
Lärmbelästigung der Anwohner in Nähe der S-Bahn-Stationen
weiter zu vermindern.
Eine Aufgabe, wie maßgeschneidert für das Fachgebiet
Schienenfahrzeuge von Prof. Dr.-Ing. Markus Hecht. Zu seinen
Forschungsschwerpunkten gehört die Akustik von Schienenfahrzeugen.
In diesem Forschungsfeld werden unter anderem durch Geräuschanalysen
die Lärm verursachenden Quellen identifiziert und darauf aufbauend
konstruktive Lärmminderungsvorschläge erarbeitet.
"Wir haben das Know-how, um für solche vom Berliner Senat
gestellten Aufgaben die notwendigen Berechnungen und Messungen durchzuführen
und auszuwerten", sagt Professor Hecht. Er bewarb sich um den
Auftrag und erhielt ihn. Hecht bot Senat und S-Bahn an, eine Konstruktion
zu entwickeln und einen Prototyp mit den schallmindernden Maßnahmen
auszurüsten.
Das S-Bahn-typische Anfahrts- und Bremsgeräusch entsteht durch
die Ansteuerung der Drehstrommotoren. Die Untersuchungen ergaben,
dass der Lärmpegel beim Anfahren und Bremsen weniger durch
die Motoren verursacht wird, sondern vielmehr durch das Triebdrehgestell,
da es für die Motorenschwingungen wie ein Resonanzkörper
wirkt und die Geräusche verstärkt beziehungsweise abstrahlt.
Als Ergebnis dieser Analyse wurden zum einen die Triebdrehgestelle
an besonderen Bereichen mit schwingungsminderndem Material versehen
und zum anderen Schallschürzen entwickelt, die seitlich am
Triebdrehgestell angebracht werden. So fungieren sie quasi als fahrende
Schallschutzwände. Diese Schallschürzen, in den Werkstätten
der TU Berlin gebaut, sind vorerst aus Metall und einseitig ebenfalls
mit einem schalldämpfenden Schaumstoff überzogen. Die
Schallschürzen wirken abschirmend, indem sie einen Teil des
Antriebsschalls selbst schlucken und einen anderen durch Reflexion
zurück in das Drehgestell und zum absorbierenden Schotter werfen.
Um zu testen, ob die Schallschürzen den gewünschten Effekt
erzielen, wurden zwei Wagen einer S-Bahn an drei Triebdrehgestellen
beidseitig mit solchen Schallschürzen versehen. Die Messungen
im Frühjahr dieses Jahres auf dem S-Bahn-Prüfgleis in
Berlin-Schöneweide ergaben, dass die gewünschte Absenkung
des Lärmpegels sowohl beim Fahren mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten
als auch bei der Anfahrt und beim Bremsen möglich ist.
Bevor die modernen Züge aber mit diesen Schallschürzen
ausgestattet werden können, sind noch Fragen der Sicherheit,
aber vor allem Fragen der Finanzierung zu klären.
Sybille Nitsche
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