"Jahrhundertwerk" für öffentlichen Dienst
Wie sich die neuen Regelungen des Tarifrechts auf die Hochschulen
auswirken
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Nach mehr als 40 Jahren haben
die alten Regelungen des Tarifrechts weitgehend ausgedient.
Ein Studium der Veränderungen lohnt sich
Foto: TU-Pressestelle |
Die Gewerkschaften und die Arbeitgeber Bund und Gemeinden haben
im Februar 2005 nach nur zwei Jahren ein "Jahrhundertwerk"
zustande gebracht. So war es in vielen Zeitungen zu lesen. Das Tarifrecht
des öffentlichen Dienstes wurde in wesentlichen Teilen modernisiert:
Es gibt einen Tarifvertrag (TVöD) für Arbeiterinnen, Arbeiter
und Angestellte, für Ost und West, für Beschäftigte
des Bundes, der Kommunen und Krankenhäuser. Das neue Tarifrecht
ist einfacher und transparenter, es ist diskriminierungsfreier als
die vielen alten Tarifverträge.
Die Gewerkschaften hoffen, damit den Flächentarif im öffentlichen
Dienst erneuern zu können. Er war in den letzten Jahren durch
Tarifflucht, Privatisierungen und Lohndumping mithilfe von Pseudogewerkschaften
zunehmend zerbröselt. Es wurde nicht alles erreicht, was die
Gewerkschaften sich erwünscht haben. Dass die Länder sich
durch ihr Verhalten aus dem Modernisierungsprozess selbst herauskatapultiert
haben, ist besonders ärgerlich. Gleich zweimal brachen sie
die Verabredung, auf Änderungen bei den Manteltarifverträgen
während des Verhandlungsprozesses zu verzichten: das erste
Mal beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das zweite Mal bei der Arbeitszeit.
WAS BEDEUTET DAS FÜR DIE HOCHSCHULEN?
Das neue Tarifrecht wird für die Hochschulen in Berlin nicht
automatisch in Kraft treten, denn sie haben einen eigenen Tarifvertrag.
Trotzdem müssen wir uns damit auseinander setzen, denn: Nach
§ 11 Abs. 3 unseres Anwendungstarifvertrages müssen wir
bei Änderungen der für uns gültigen Tarifverträge
Verhandlungen aufnehmen und die Übernahme prüfen. Dieser
Fall ist durch den Abschluss im letzten Februar jetzt eingetreten,
auch wenn die Länder bisher nicht unterschrieben haben.
Die ersten Auswirkungen des neuen Tarifrechts werden für uns
bereits im Herbst relevant, und zwar für alle Beschäftigten
aus Drittmittelprojekten, die aus Bundesmitteln finanziert werden
(BMBF- oder DFG-Projekte).
Mit den Zuwendungsbescheiden wird auch vorgegeben, welches Tarifrecht
anzuwenden ist.
Auf lange Sicht werden außerdem die bisherigen Tarifverträge,
auf die sich unser Tarifvertrag bezieht, nicht mehr weiterentwickelt.
Sie werden nicht mehr aktualisiert wie bisher in der 45-jährigen
Geschichte des BAT und der übrigen Tarifverträge im öffentlichen
Dienst. Was kurzfristig vielleicht noch von Vorteil ist, wirkt sich
langfristig mit Sicherheit nachteilig aus. Da zu befürchten
ist, dass die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bei
ihrer starren Haltung in Bezug auf Arbeitszeitverlängerung
und Weihnachtsgeldkürzung bleiben wird, wird es auch in anderen
Punkten keine Entwicklung mehr geben.
Derzeit werden Verhandlungen mit dem Land Berlin vorbereitet. Wir
werden zeitnah eine Informationsveranstaltung durchführen,
nicht nur für Gewerkschaftsmitglieder, sondern für alle
Interessierten. Schon jetzt kann man das neue Tarifrecht im Internet
nachlesen.
Hannelore Reiner, Stefanie Nickel,
TU-Personalrat, ver.di
Die neue Entgelttabelle
Kernstück des Tarifvertrages öffentlicher Dienst
(TVöD) ist die einheitliche Entgelttabelle.
- 15 Entgeltgruppen (EG) - EG 15 ist die höchste,
EG 1 die unterste Gruppe.
- Keine Bewährungs- und Zeitaufstiege mehr (diese
werden bei der Überführung in die neue Tabelle
berücksichtigt).
- Sechs Erfahrungsstufen, an der Berufserfahrung orientiert,
statt der bisherigen Altersstufen.
- Keine Sozialzuschläge mehr (Kinder und/oder verheiratet).
Diese werden in die Gesamttabelle fließen, dadurch
erhöht sich das bisherige "Grundgehalt" für
alle.
- Ab 2007 besteht die Möglichkeit der Zahlung leistungsbezogener
Bestandteile zusätzlich zum regulären Gehalt.
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