Steile Karrieren für Mathematiker
Während eines Forschungsaufenthaltes besuchte Udo Simon
seine Austauschstudierenden in den USA
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Udo Simon (2. v. r.) traf
seine Studierenden auf dem Campus in Atlanta
Foto: privat |
Seit rund zehn Jahren ist die Emory
University in Atlanta/USA eine attraktive Adresse für Mathematik-Studierende
der TU Berlin im dritten Studienjahr. Seitdem gibt es einen Studierenden-Austauschvertrag
mit einem Austauschplatz jährlich, aber häufig akzeptiert
Emory drei. Dass ich während eines zweimonatigen Forschungsaufenthaltes
in Atlanta sogar sieben TU-Studierende gleichzeitig traf, liegt
daran, dass fast alle TU-Gäste aufgrund ihrer guten Qualifikation
ein Emory-Angebot erhalten, mit einem Stipendium bis zum Abschluss
des Master zu bleiben. So haben zwei der sieben inzwischen sogar
in Emory promoviert, ein Dritter wird das im nächsten Jahr
tun. Einer dieser sieben folgt gerade einem Angebot der Western
Washington University auf eine Tenure-Track-Professur. Seine
steile Karriere hatte er im Wintersemester 95/96 in meiner Anfänger-Vorlesung
"Lineare Algebra" begonnen.
Die Erfahrungen der Austauschstudenten sind sehr aufschlussreich
und eine Werbung für ein Auslandsstudium.
Nicht nur Karriere-Orientierung, sondern oft die Neugier auf ein
anderes Land mit seiner Kultur motiviert die Studierenden zum Austausch.
"Ich wollte mich einfach überraschen lassen", sagte
mir die Studentin Annika. Natürlich wissen alle, dass sich
ein Auslandsjahr und auch verhandlungssicheres Englisch beim Berufseinstieg
auszahlen. Aus ihrer Erfahrung mit der überfüllten TU
Berlin loben die sieben vor allem die idealen Relationen von Lehrenden
zu Lernenden an der Emory University.
Dabei bescheinigen die Studierenden dem heimatlichen TU-Institut
eine gute Start-Ausbildung. Tilmann urteilt: "Die US-Studenten
sind in aller Regel viel schlechter auf die logische Strenge der
Kurse vorbereitet als die deutschen." Das wird von Mathias
bestätigt: "Die Mathematik der TU Berlin ist vielseitiger,
das Niveau der Vorlesungen höher. Die deutschen Studenten haben
an der Emory mathematisch fast nie Schwierigkeiten." Als Initiator
und langjähriger Koordinator dieses Austauschs weiß ich,
dass die TU Berlin eine harte Auswahl trifft, denn die Emory-Stipendien
belaufen sich immerhin auf fast 30 000 Dollar Gebühren plus
den Lebensunterhalt.
Gerade unser bester Nachwuchs wandert ab, klagen deutsche Politiker.
Doch wir müssen den Nachwuchs fördern. Wenn man die deutschen
Universitäten kaputtspart, ist das jedoch nicht möglich.
Das Institut
für Mathematik will jetzt mit seinen Partnern von der Emory
University einen gemeinsamen Masterabschluss installieren.
Prof. Dr. Udo Simon
Die Emory University in Atlanta ist eine sehr renommierte
Privatuniversität der USA mit erstklassigem Ranking.
1836 von Methodisten gegründet, widersetzte sie sich
1962 der Rassensegregation und erstritt das Recht, Studierende
aller Rassen zu immatrikulieren. Heute hat sie 11000 Studierende
aus über 100 Ländern und 2900 Lehrende. Die Studiengebühren
liegen bei 29 000 Dollar, 75 Prozent der Studierenden erhalten
ein Stipendium. 2004 betrug der Etat 2,21 Milliarden US-Dollar.
Das ist etwa die Summe, die für den "Elite-Wettbewerb"
zur Förderung der Spitzenforschung in Deutschland für
die nächsten fünf Jahre geplant ist.
www.emory.edu
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