Leben an der Seidenstraße
Rekonstruktion von Agrar- und Bautechniken in China
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Ein Mann vom chinesischen
Volk der Salar auf seinem zweistöckigen traditionellen
Haus in Ost-Qinghai
Foto: Mareile Flitsch |
Zwei Brüder kamen mit Erde, Wasser und einem Koran im Gepäck
auf einem weißen Kamel aus Mittelasien nach China. In Xunhua,
nahe der Provinzhauptstadt von Qinghai, wurde es an einer Quelle
zu Stein, die Brüder ließen sich, so die Sage, dort nieder
und gründeten das Volk der Salar. Der weiße Stein ragt
noch immer aus der Quelle neben der Moschee, doch Wissenschaftler
stellten fest, dass die Salar von Turkmenen abstammen, die nach
1368 entlang der Seidenstraße nach Qinghai kamen.
Die Eurasienabteilung des Deutschen
Archäologischen Instituts in Berlin (DAI) führte dort
im April 2005 zusammen mit chinesischen Archäologen eine interdisziplinäre
Feldforschung durch, um die Holzhäuser in einer heute waldarmen
Region zu dokumentieren. Sie soll Aufschluss geben über Zusammenhänge
von Material und Bautechniken, Baustruktur, Siedlung und Wohnen
in diesen trockenen Gebieten. Teil der Forschergruppe war auch die
Technikethnologin Dr. Mareile Flitsch von der TU Berlin.
Neben den rund 90000 sunnitischen Salar siedeln in diesem Gebiet
sechs weitere Völker in verschiedenen Regionen entlang des
Ufers des Gelben Flusses und seiner Ausläufer als Bauern und
Viehzüchter. Mittelpunkt des Dorfes ist das hohe Minarett der
Moschee. Die Salar gelten als die strengsten Muslims Chinas. Sie
bauen flache Häuser aus Lehm. Nur in einer Region mit ehemals
bewaldeten Bergen findet man zweistöckige Holzhäuser mit
Wänden aus mit Lehm verstrichenen Weidenzweigen. Die Wissenschaftler
vermaßen und zeichneten die Bauten, bestimmten und datierten
ihre Holzteile. Über Interviews mit Gehöftbewohnern dokumentierte
Mareile Flitsch die Wohngeschichte der Gehöfte, Innensichten
auf Bautechnik und Alltag der Salar, darunter auch die sozial-technische
Raumnutzung. Die Publikation der ersten Ergebnisse der Geländebegehung
ist für Sommer 2005 geplant.
pp
www.earth.arts.gla.ac.uk
www.tu-berlin.de/~alltag-china/
PD Dr. Mareile Flitsch forscht derzeit an der TU Berlin im
VW-Projekt "Alltagstechniken Chinas" und übernimmt
ab Juli 2005 in Vertretung von Dr. Welf Schnell die Arbeitsstelle
Geschichte und Philosophie der chinesischen Wissenschaft und
Technik der TU Berlin. Sie ist Mitglied im "steering
committee" von EARTH (Early Agricultural Emnants and
Technical Heritage), ein multidisziplinäres Projekt,
das kürzlich von der European Science Foundation (ESF)
bewilligt wurde. Bereits seit den 80er-Jahren arbeiten Natur-,
Technik- und Geisteswissenschaftler in dem Projekt zur präindustriellen
Agrargeschichte. Sie erforschen Fragen der Rekonstruktion
der Landwirtschaft, des Gebrauchs und der Bedeutung von Artefakten,
der Flurformen oder bestimmter Agrartechniken.
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