Das Denken verstehen
Das Berliner Bernstein-Zentrum für Hirnforschung
Wir bauen an der TU Berlin
einen Schwerpunkt zur Künstlichen Intelligenz auf.
Prof. Dr. Klaus Obermayer, Mit-Koordinator des Berliner Bernstein-Zentrums |
Wir fliegen zum Mond und dringen in den Mikrokosmos vor, wir erkunden
die Weltmeere und arbeiten an der künstlichen Reproduktion
des Menschen. Und doch gibt es einen Bereich, der uns fremd und
unbekannt ist, eine "Black Box": das menschliche Gehirn.
Wie es plant, handelt, lernt, mit der Umwelt interagiert und kommuniziert,
ist noch weitgehend unverstanden. Das meiste, was wir über
die kognitiven Fähigkeiten des Menschen wissen, stammt aus
Psychologie und Neurologie. Vier "Bernstein-Zentren" in
Deutschland sollen die Vision, das menschliche Denken zu verstehen,
zur Realität machen und zu diesem Zweck Mediziner und Neurobiologen
mit Informatikern und Ingenieuren zusammenführen. Dafür
gibt das Bundesbildungsministerium
in den nächsten fünf Jahren 34 Millionen Euro aus. Das
erste Zentrum wurde bereits im letzten September in Berlin eröffnet.
Es folgten Freiburg und Göttingen sowie im April 2005 München.
An dem Berliner Exzellenz-Zentrum, mit vollem Namen "Bernstein
Center for Computational Neuroscience Berlin" (BCCN Berlin)
sind die Charité,
die drei großen Universitäten, das Fraunhofer-Institut
FIRST, das Max-Delbrück-Centrum
für Molekulare Medizin Berlin-Buch und das Wissenschaftskolleg
zu Berlin beteiligt.
Drei neue Professuren werden im Rahmen des Bernstein-Zentrums derzeit
eingerichtet, je eine davon an der Charité, an der Humboldt-Universität
und an der TU Berlin, da diese sich bereit erklärt haben, nach
Auslaufen der BMBF-geförderten Anschubfinanzierung die Lehrstühle
zu übernehmen.
"Wir sind dabei, hier an der TU Berlin einen starken Schwerpunkt
im Bereich Künstliche Intelligenz aufzubauen", erklärt
Prof. Dr. Klaus Obermayer vom Institut
für Softwaretechnik und Theoretische Informatik, der das
Berliner Bernstein-Zentrum mit koordiniert. "Mit dem DAI-Labor,
dem Zentrum
Mensch-Maschine-Systeme, den laufenden Arbeiten in Bereichen
wie "bio-inspired robotics", "computer vision"
oder Mensch-Maschine-Schnittstellen, und mit in Zukunft vier methodisch
ausgerichteten KI-Professuren - neuronale Informationsverarbeitung,
Künstliche Intelligenz, Modelle kognitiver Prozesse und maschinelles
Lernen - sind wir sehr gut aufgestellt. Dieses Potenzial war mit
entscheidend, die Gutachter für unseren gemeinschaftlichen
Antrag zu gewinnen." Das neue TU-Fachgebiet, das im Rahmen
des Bernstein-Zentrums mit 1,5 Millionen Euro finanziert wird, heißt
"Modellierung kognitiver Prozesse". Es soll sich sowohl
mit den Anwendern und mit den methodisch orientierten Fachgebieten
innerhalb der TU Berlin als auch mit den biologisch-medizinisch
orientierten Fächern des neuen Bernstein-Zentrums vernetzen.
Sechs Kandidaten für diese Professur stellten sich im Mai dem
Bewerbungs-Marathon. Noch ist die Entscheidung allerdings nicht
gefallen.
Im März besuchte Ministerin Edelgard Bulmahn das Berliner
Bernstein-Zentrum. "Deutschland ist in der Hirnforschung hervorragend
aufgestellt", verkündete sie stolz. Hochkarätige
wissenschaftliche Projekte und erstklassige Ausbildung seien wesentliches
Ziel der Zentren, die nach dem deutschen Neurophysiologen Julius
Bernstein (1839-1917) benannt sind. Außerdem wird das Lehrprogramm
der Berliner Universitäten um einen internationalen Masterstudiengang
und eine Graduate School in Computational Neuroscience erweitert.
Der neue Studiengang verbindet Wissensgebiete aus Medizin, Biologie,
Psychologie, Mathematik, Physik, den Ingenieurwissenschaften und
der Informatik.
Patricia Pätzold
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