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Juni 2005
 
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Abschied von der Insel

Wie sich die TU Berlin auch architektonisch zur Stadt hin öffnet

Der Campus der TU Berlin zwischen Hardenbergstraße, Landwehrkanal und Franklinstraße, geteilt von dem Prachtboulevard „Straße des 17. Juni“
Foto: TU-Pressestelle, Collage: dtf

Das Bild der Technischen Universität Berlin ist heute Ausdruck des Gestaltungswillens vor allem der Fünfziger- und Sechzigerjahre, als sich die Architektur von der Stadt abwandte. Damals wurde die TU Berlin zu einer Insel in der Stadt. Doch diese relative Isolierung bewährte sich nicht. Heute will sich die TU Berlin wieder zur Stadt hin öffnen, denn Universitäten werden zukünftig auch daran gemessen, wie sie sich zur Stadt hin verhalten, einladend, attraktiv oder abweisend. Doch bis die Fehler der Vergangenheit überwunden sind, ist es noch ein langer Weg. 1996 legte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen Entwurf für ein "Planwerk Innenstadt Berlin" vor.

Der bedeutendste Stadtraum der TU Berlin, der Abschnitt um die Straße des 17. Juni zwischen Charlottenburger Tor und Ernst-Reuter-Platz, trennt die beiden großen Geländebereiche der Universität, statt sie zu verbinden. Er ist ein riesiger Parkplatz, eines Shoppingcenters an der städtischen Peripherie würdig. Hier ist der ruhende Verkehr das Problem, nicht der fließende. Kein Kiosk, kein Infostand, nichts lädt entlang der Straße zu irgendetwas ein. Auch die Universitätsbauten verhalten sich oft abweisend, wie etwa der Franz-Fischer-Bau mit seiner merkwürdigen Hochplattform. Einladend, aber leider weit zurückgesetzt, ist der Eingang zum Hauptgebäude, dem allerdings das Gesicht eines markanten, repräsentativen Leitbaus fehlt. Dafür orientiert sich das Mathematikgebäude vorbildlich zum Straßenraum. Dennoch erkennt man in dieser Straße schwerlich, dass man sich im Herzen einer der größten Universitäten Europas befindet.

Der Ernst-Reuter-Platz ist ein Manifest der autogerechten Stadt - ein antistädtischer Platz schlechthin: tote Mitte, unwirtliche Ränder, abweisend, nur mit einem außerordentlichen Kraftakt von Fußgängern passierbar. Die grafische Gestaltung erschließt sich nur dem Blick aus dem Hochhaus. Dennoch befinden sich an diesem Platz die besten TU-Bauten der Nachkriegszeit: das ehemalige Telefunkenhochhaus, das Gebäude für Bergbau und Hüttenwesen und das Architekturgebäude. Das elegante Hochhaus versteckt seinen durchaus großzügigen Eingang verschämt hinter Sichtschutzgrün - ein beliebtes Gestaltungsmittel der TU Berlin. Das Gebäude für Bergbau und Hüttenwesen wendet sich in geradezu lehrbuchmäßiger Härte vom Platz ab und zeigt diesem im Erdgeschoss seine Verachtung. Ein Höhepunkt der Stadt-Phobie oder die folgerichtige Antwort auf das Autokarussell? Nur das Architekturgebäude präsentiert sich überzeugend zum öffentlichen Raum: Eine leicht erhöhte Freifläche führt zu einer großen, einladenden Eingangshalle.

Wer den Platz quert, sollte merken, dass er vor allem ein Universitätsplatz ist. Wäre hier nicht schon bei der U-Bahn-Station ein Doppelname angemessen, wie auch in anderen Städten üblich, nämlich Ernst-Reuter-Platz/Technische Universität Berlin?

Abweisend und wie im suburbanen Raum befindlich verhält sich leider auch das Nordgelände an der Marchstraße und am Kanal entlang. Nicht viel besser sah es bis vor kurzem im Osten des Stammgeländes aus. Mit dem Neubau der gemeinsamen Bibliothek für die TU Berlin und die Universität der Künste wurde aber in diesem Jahr ein wichtiger Schritt in Richtung City West getan. An der Hardenbergstraße zeigt sich eine in gestalterischer Hinsicht inzwischen deutlich verbesserte Mensa. Dort erstreckt sich allerdings auch ein verkehrstechnisches, autofreundliches Detail, das typisch für periphere Ausfallstraßen ist: die Barriere, die in der Mitte der Hardenbergstraße die Fußgänger am Überqueren hindern soll. Sie zeigt nach wie vor die mangelhafte Vernetzung zur kompakten Stadt.

Mit der städtebaulichen Erneuerung der TU Berlin geht auch die Öffnung durch Foren der Wissenschaft einher, die die Generierung und Vermittlung von Wissen vorführen. Hier sind bereits erste Schritte getan. Für diesen Dialog gibt es längst geeignete und für stadtweite Veranstaltungen genutzte Räume - vor allem im Hauptgebäude, im Mathematikgebäude und im Architekturgebäude. Das Architekturgebäude ist in dieser Frage ein Vorbild. In seinen Hörsälen finden immer wieder Veranstaltungen statt, die sich über die Universität hinaus an ein breites Fachpublikum in der Stadt wenden. Seit kurzem hat dieses Haus sogar ein exzellentes Ausstellungsforum, eine Attraktion für die gesamte Stadt, die erstmals auch die sachgerechte Präsentation von historischen Dokumenten der Plansammlung der TU Berlin erlaubt, einer der bedeutendsten Plansammlungen der Welt.

Prof. Dr. Harald Bodenschatz,
Institut für Soziologie, Fachgebiet Planungs- und Architektursoziologie

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