Das Allerletzte
Spielverderber
"Tamiflu" - diesen Namen kann man leicht sprechen, die
drei Silben sind leicht zu merken, er klingt interessant und exotisch.
Das herzige Gorillababy, auf dessen öffentliche Zeugung ganz
Berlin in den letzten Wochen wartete, hätte den geheimnisvollen
Namen gut tragen können. Leider wird der kleine Lausbub aus
dem künstlichen Dschungel nun wohl nicht "Tamiflu"
heißen, denn der Name ist inzwischen zwar in aller Munde,
aber negativ besetzt: Kein Tag vergeht, an dem "Tamiflu"
nicht in der Zeitung steht, das Medikament, das uns alle gegen die
Vogelgrippe schützen soll. Auf sie warten wir nun ebenso ungeduldig
wie auf das Affenbaby. Denn drei Dinge haben das ungezeugte Gorillakind
und die Pandemie "Vogelgrippe" gemeinsam: Beide sind bis
heute nur Fantasie, beide sorgen dennoch für spektakulären
Medienrummel und beide sind Spielverderber. Jeder tote Spatz am
Bahnhof löst panikartige Reaktionen bei Passanten und eine
monsterwellenartige Schlagzeilenflut aus. Dass dem Spatzen nur die
fette Pommeskost den Garaus gemacht hat, wie schon tausenden seiner
Vogelgenossen vor ihm, wird dann etwas verschämter gemeldet.
Auch im Zoo wird jeder Blick des sexy Silberrückens über
den Rand seiner Banane zu seinen beiden Mitbewohnerinnen aufs Detaillierteste
registriert. Sowohl die erregte menschliche Beobachterschar hinter
der Glasscheibe als auch der Berliner Blätterwald deuten dies
als erste Flirtattacke und diskutieren die möglichen Folgen
ausführlichst. Leider war der Anlass für den Blickkontakt
bislang immer sehr profan. Der Muskelberg fürchtete lediglich
um seine Futterration. Wenn diese triste Ereignislosigkeit anhält,
müssen wir uns wohl wieder von vergammeltem Putenfleisch, Koalitionsstreit
und Föderalismusdebatte das Frühstück verderben lassen.
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