Nur zum Arzt, wenn es wehtut
TU-Studie erwies Rückläufigkeit der unnötigen
Arztbesuche durch Praxisgebühr
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Inzwischen ein gewohnter Anblick:
Täglich gehen Zehn-Euro-Scheine über die Tresen der
Arztpraxen
Foto: TU-Pressestelle |
Es ist relativ still geworden um die Zehn-Euro-Praxisgebühr,
die seit Januar 2004 die meisten Kassenversicherten zahlen müssen,
wenn sie innerhalb eines Vierteljahres erstmals zum Arzt gehen.
Das könnte nicht nur am Gewöhnungseffekt liegen, sondern
auch daran, dass diese zusätzliche Abgabe im Sinne des Erfinders
wirkt, vermuten Reinhard Busse, Professor für Management
im Gesundheitswesen an der TU Berlin, und sein wissenschaftlicher
Mitarbeiter Dr. Jonas Schreyögg.
In einer gemeinsamen Studie mit Markus Grabka vom Deutschen
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin finden
die Wissenschaftler jedenfalls nicht nur einen Rückgang der
Arztbesuche, sondern auch wichtige Hinweise, dass vor allem auf
unnötige Arztbesuche oder mehrfache Untersuchungen des gleichen
Leidens verzichtet wurde. Genau auf eine solche Verhaltensänderung
hatte der Gesetzgeber gezielt, um der gesetzlichen Krankenversicherung
Geld zu sparen, mit dem wichtige Behandlungen finanziert werden
können.
Die Forscher schickten aber nicht etwa eigene Interviewer los,
sondern nutzten das so genannte sozio-ökonomische Panel (SOEP)
des DIW. Dort befragen die Forscher seit 1984 jedes Jahr die gleichen
Personen nach sehr unterschiedlichen Dingen. Unter anderem erkundigen
sich die Interviewer nach dem Einkommen, nach dem Gesundheitszustand
und fragen auch nach der Zahl der Arztbesuche in den letzten drei
Monaten.
Das Ergebnis bestätigt auch die Abnahme der Arztbesuche: Während
1995 noch statistische 3,2 Arztbesuche im letzten Vierteljahr zu
Buche schlugen, waren es 2004 mit 2,5 ein gutes Fünftel weniger
Praxisgänge im Quartal. Mehr als ein Drittel dieser Abnahme
fiel genau auf den Übergang vom letzten Jahr ohne Praxisgebühr
2003 auf das erste Jahr mit dem Zehn-Euro-Obolus 2004. Obendrein
ist dieser Effekt nachhaltig, zeigen erste Ergebnisse der Kassenärztlichen
Vereinigung in Berlin: Obwohl die Zahl der Arztbesuche im ersten
Vierteljahr 2005 verglichen mit dem ersten Quartal 2004 um 1,5 Prozent
zunahm, war sie insgesamt immer noch zehn Prozent niedriger als
in den ersten drei Monaten 2003. Einige Patienten mögen also
Ende 2003 Arztbesuche "vorgezogen" haben, insgesamt aber
zeigt die Praxisgebühr die gewünschte Wirkung einer deutlichen
Abnahme der Arztbesuche und damit eine Verringerung der Gesundheitskosten.
Weitere Befragungen ergaben, dass es bei medizinisch notwendigen
Besuchen keinen Rückgang gab.
Roland Knauer
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