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November 2005
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Anmaßung von Wissen

Bleibt eine alternde Gesellschaft innovationsfähig? - Arbeitsgruppe zur Politikberatung gebildet

Der Autor ist TU-Professor für Empirische Wirtschaftsforschung und Wirtschaftspolitik sowie gleichzeitig Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wo er die interdisziplinäre Längsschnittstudie Sozio-ökonomisches Panel (SOEP) leitet. Er wurde 1984 mit einer Arbeit zur Zukunft der Rentenversicherung an der TU Berlin promoviert. Neben vielen anderen Aktivitäten ist Gert G. Wagner Mitglied der Arbeitsgruppe "Chancen und Probleme einer alternden Gesellschaft" der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der Technikakademie "acatech" sowie Vorsitzender des Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten des Bundesbildungsministeriums. Im akademischen Jahr 2005/2006 ist er während der deutschen Semesterferien Gastprofessor an der Cornell University in Ithaca, New York.
Foto: privat

Die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft im erwarteten Alterungsprozess ist sehr schwer prognostizierbar. Daher haben die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina und die Technikakademie "acatech" eine Arbeitsgruppe berufen, die sich mit dem Thema "Chancen und Probleme einer alternden Gesellschaft" auseinander setzen wird. Die Ergebnisse dieser AG sollen im Frühjahr 2008 vorgestellt werden.

Die massive demografische Alterung wurde in modernen Zeiten weltweit nirgendwo beobachtet. Die populären Prognosen, die zum Beispiel einen kaum finanzierbaren "Rentenberg" vorhersagen, sind wenig aussagekräftig. Zwar ist in der Tat ein Anstieg alter Menschen zu erwarten (da diese heute schon leben und altern werden) und dadurch wird auch die Finanzierung der Renten nicht leichter. Aber Detailprognosen, wie zum Beispiel "Generationenbilanzen", sind eine Anmaßung von Wissen.

Eine erstaunlicherweise wenig untersuchte Frage der gesellschaftlichen Alterung sind die Zusammenhänge von Alterung und Innovationsfähigkeit einerseits und andererseits die Möglichkeiten, mit technischen Hilfsmitteln Probleme der Alterung zu mindern. Zum Beispiel die zentrale Frage, ob Forschung und Entwicklung in einer alternden Gesellschaft weniger dynamisch verlaufen werden. Auf den ersten Blick spricht die Alltagsbeobachtung für eine mit dem Alter nachlassende Innovationsfähigkeit. Aber was würde passieren, wenn etwa das Rentenzugangsalter deutlich hochgesetzt wird, im Zuge modularisierter Studiengänge die Weiterbildung im mittleren Lebensalter normal wird und ältere Menschen mithilfe neuartiger Computersoftware ihr Erfahrungswissen effektiver als bislang in innovative Konzepte umsetzen können? Solche Fragen werden in der AG bearbeitet.

Diese Arbeitsgruppe ist im Reigen der Akademie-Projekte etwas Besonderes, denn es geht hier ausdrücklich nicht um ein Langzeitvorhaben - etwa die Edition der Feuerbach-Werke - noch um einen rein innerakademischen Diskurs - wie etwa die interdisziplinäre Aufarbeitung der Geschichte der Akademien in Berlin -, sondern um eine ausdrücklich der Politikberatung gewidmeten Aufgabenstellung.

Das Bestreben der beiden Akademien, sich in die Politikberatung einzuschalten, ist gerade für Universitäten von großer Bedeutung. Sie tun sich ja nach wie vor oft schwer damit, die in ihren Mauern erarbeiteten Ergebnisse der breiten Öffentlichkeit und der Politik wirksam zu kommunizieren. Die Arbeitsgruppe wird insofern auch ein Sprachrohr der durch ihre Hochschullehrer beteiligten Universitäten sein. Es sind die International University Bremen (IUB) und die University of Virginia, die Universitäten in Aachen, Würzburg, Zürich, Mannheim, Wien, Tübingen, Münster, Innsbruck und in Berlin-Brandenburg die BTU Cottbus, die HU und die TU Berlin. Aus der Praxis sind hochrangige Vertreter der Deutschen Bahn AG, der Schering AG und der Telekom AG als assoziierte Mitglieder dabei.

Prof. Dr. Gert G. Wagner

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