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Februar/März 2006
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"Schauen Sie hin und nicht weg!"

Arbeitskreis Sucht will Führungskräfte stärker in die Verantwortung nehmen

Millionen Deutsche sind suchtgefährdet, abhängig oder leiden bereits unter den Folgen. Auch den Arbeitgeber kann die Sucht von Beschäftigten viel Geld kosten
© Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen

"Süchte kosten nicht nur den Staat und die Krankenkassen, sondern auch den einzelnen Arbeitgeber viel Geld", erklärt Edith Schröter, Sozialarbeiterin der TU Berlin. Fehlzeiten, vermehrte Unfallhäufigkeit, verminderte Arbeitsleistung und schlechtes Klima seien fast zwangsläufige Folgen von Alkoholkrankheit, Medikamenten- oder Nikotinmissbrauch. Statistisch verliere ein Betrieb mit rund 6000 Beschäftigten wie die TU Berlin pro Jahr 2,8 Millionen Euro.

73000 Deutsche sterben jährlich an alkoholbedingten Krankheiten, 1,7 Millionen sind abhängig, 10,4 Millionen zeigen riskantes Konsumverhalten und 1,7 Millionen sind bereits geschädigt, zählt das neue "Jahrbuch Sucht 2006" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) auf. An der TU Berlin gibt es seit vielen Jahren den Arbeitskreis Sucht. "Wir wecken Verständnis beim Umfeld für die Tatsache, dass es sich zum Beispiel bei Alkoholsucht um eine Krankheit handelt. Wir beraten und unterstützen die Kranken selbst und wir bilden Führungskräfte weiter, damit sie dem Problem vorurteilsfrei begegnen, präventiv tätig werden und gegebenenfalls Hilfsmaßnahmen einleiten können, falls sich in ihrem Bereich eine Betroffene oder ein Betroffener befindet."

Im Arbeitskreis Sucht arbeiten kollegiale Suchtberaterinnen und -berater freiwillig, die Sozialarbeiterin sowie der betriebsärztliche Dienst und Vertreter des Personalrats und der Personalabteilung. Eine wichtige Aufgabe über die Einzelfallhilfe hinaus ist die Prävention als wesentlicher Bestandteil moderner Gesundheitsförderung.

"Hilfe in Anspruch nehmen ist eine Stärke", ermutigt daher auch Annette Albrecht betroffene alkoholkranke Menschen. Sie ist eine der sechs nebenamtlichen Beraterinnen und Beratern, die die TU Berlin seit Anfang der 90er-Jahre am Institut für Suchtprävention hat ausbilden lassen, damit am Arbeitsplatz ein möglichst niederschwelliges Angebot an die Betroffenen existiert. "Wir sind an die Schweigepflicht gebunden", erklärt Annette Albrecht, "das ist sehr wichtig für die Kolleginnen und Kollegen." Die Helferinnen und Helfer können so schon im Vorfeld tätig werden und dadurch disziplinarische Maßnahmen vermeiden, die durch die Dienstvereinbarung geregelt sind. "Wir versuchen, Einsicht zu wecken, über Therapieangebote aufzuklären, zur Therapie zu motivieren und Ängste davor abzubauen. Außerdem vermitteln wir Kontakte zu externen Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen." Edith Schröter quält noch ein anderes Problem: "Insbesondere die Beratung von Kolleginnen und Kollegen sowie von Vorgesetzten wurde früher häufiger genutzt. Vielleicht hat es mit dem erhöhten Arbeitsdruck zu tun, dass sich kaum mehr einer oder eine Zeit nehmen will. Diese Beratungen im Vorfeld sind sehr hilfreich, da es mitunter auch für Vorgesetzte nicht einfach ist, ein Gespräch mit einem betroffenen Mitarbeiter zu führen." Auf der letzten Personalversammlung im Dezember 2005 forderten Vertreter des Arbeitskreises daher auch, die verbindliche Teilnahme von Personalverantwortlichen an Schulungen festzuschreiben. Dort forderte Annette Albrecht alle auf: "Schauen Sie hin und nicht weg!"

Patricia Pätzold

Tel.: Edith Schröter: 314-2 40 91
www.tu-berlin.de/~sdu/ALK/Hilfe.htm

 

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