Die Leibspeise der Mikroorganismen
TU-Wissenschaftler können Wasser schnell, einfach und billig
auf riskante Inhaltsstoffe testen
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Wissenschaftler entnehmen
eine Bodenprobe aus dem Ufersediment
© privat |
"In Zukunft werden Kriege um das Wasser geführt werden"
- dieser Satz ist keineswegs nur eine Hypothese. In vielen Regionen
der Erde ist der lebenswichtige Rohstoff Wasser längst zur
Mangelware geworden, die Menschen allemal nötiger als Öl,
Gas und Holz brauchen. Zwar gibt es inzwischen eine ganze Reihe
einfacher und recht komplizierter Techniken, gebrauchtes Wasser
wieder in trinkbares Nass zu verwandeln. Aber niemand weiß
genau, welche Risiken diese Techniken in der Praxis zum Beispiel
im Norden Chinas oder in Australien, in Israel oder in den europäischen
Mittelmeerländern Italien und Spanien langfristig mit sich
bringen.
An der Technischen Universität Berlin entwickeln Forscher
daher Methoden, mit denen Wasser in verschiedenen Stadien der Reinigung
einfach, schnell und billig auf eventuell riskante Inhaltsstoffe
wie Antibiotika und Mikroorganismen getestet werden kann.
40 Millionen Euro steckt die Europäische Kommission in den
kommenden drei Jahren in zehn Forschungskonsortien, die den Wasserhaushalt
genauer unter die Lupe nehmen. "Reclaim Water" ist eines
dieser Projekte. Wie können die kommunalen Abwässer in
den wasserarmen Gebieten der Welt so gereinigt werden, dass sie
möglichst billig wieder zu Grund- und Trinkwasser werden?,
fragen sich die Forscher mehrerer beteiligter Forschungseinrichtungen
in diesem Projekt.
Mathias Ernst vom Forschungsschwerpunkt "Wasser
in Ballungsräumen" der TU Berlin kennt eine ganze
Reihe solcher Verfahren, mit denen Wasser recycelt oder wiedergewonnen
werden kann. Von Hightech-Verfahren wie den Membran-Bio-Reaktoren
(MBR) bis zu uralten Methoden wie den Tropfkörpern reicht die
Palette der Methoden, die unter die Lupe genommen werden. An Tropfkörpern
finden im Abwasser lebende Mikroorganismen Halt und können
schädliche organische Verbindungen "fressen".
Ein ähnliches Prinzip findet sich auch in so genannten Wetlands,
Schilfkläranlagen, die auch in Deutschland bekannt sind. Dort
leitet man Abwasser in ein kleines Feuchtgebiet, in dem es vor Mikroorganismen
wimmelt, die schädliche organische Verbindungen zu ihren Leibspeisen
zählen und so das Wasser klären. Was ist jedoch für
welche Region geeignet?
Der TU-Wasserchemiker Martin Jekel entwickelt mit seinem Team für
dieses EU-Projekt Tests, mit denen sich Antibiotika im Wasser nachweisen
lassen. Sie bekämpfen zwar gefährliche Bakterien-Infektionen,
gelangen aber auch in die Abwässer und machen dort Bakterien
resistent. Auf Krankheitserreger übertragen, wirken gegen diese
dann die Antibiotika nicht mehr - die Ärzte verlieren so eine
wichtige Waffe gegen Infektionskrankheiten.
Eine zweite Gruppe der TU Berlin unter Leitung von Ulrich Szewzyk
entwickelt daher einen Gentechnologie-Test, der ihnen mithilfe der
so genannten PCR-Methode zeigt, ob sich bereits Erbgut mit den Antibiotika-Resistenzen
im Wasser findet. Mit dieser Methode können die Forscher praktisch
zeigen, welche Wasserreinigung nach welcher Zeit Antibiotika und
dagegen resistente Mikroorganismen aus dem Abwasser entfernt hat.
Martin Jekel und seine Mitarbeiter vom Fachgebiet
Wasserreinhaltung der TU Berlin konzentrieren sich nicht nur
auf Antibiotika, sondern auch auf lösliche organische Verbindungen.
Davon gibt es viele tausend verschiedene, etliche davon sind mehr
oder minder gefährlich. Einzelne dieser Substanzen im Wasser
zu untersuchen ist also zu aufwändig. Die Forscher entwickeln
daher Methoden, mit denen sie feststellen können, wie sich
diese Stoffe im Laufe der Abwasserbehandlung und im Boden verändern.
Auch so lässt sich abschätzen, mit welcher Methode und
wann gefährliche Substanzen aus dem Wasser verschwunden sind
- und welche Reinigungsmethode sich für bestimmte Wassermangelgebiete
am besten eignet.
Roland Knauer
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