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Juni 2006
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Ökonomie der Weltmeisterschaft

Fußball macht Spaß, ist aber volkswirtschaftlich belanglos

 
  Gert G. Wagner
© TU-Pressestelle/Weiß

Sportereignisse produzieren ständig Schlagzeilen, die eine enorme Bedeutung dieser "Events" suggerieren. Gemessen an der Bedeutung der Probleme, über die in den politischen Nachrichten und in den Wirtschaftsteilen der Zeitungen berichtet wird, sind die dicken Schlagzeilen für Sportereignisse völlig unangemessen. Trotzdem wird über Sport groß berichtet, weil viele Menschen sich enorm am Sport erfreuen - oder sich maßlos aufregen. Entsprechend ist zu hoffen, dass die Fußballweltmeisterschaft aufregenden Fußball bieten und vielleicht den einen oder anderen Doping- oder Schiedsrichterskandal liefern wird, damit man sich freuen und echauffieren kann. Politisch wird die WM hoffentlich unbedeutend sein, denn Bedeutung wäre mit Problemen gleichzusetzen. Im schlimmsten Fall wäre es ein Terroranschlag - wahrscheinlicher sind rechtsradikale Ausschreitungen.

Entgegen einer Euphorie, die seit Jahren geschürt wird, ist nüchtern betrachtet von positiven wirtschaftlichen Effekten bei Fußballweltmeisterschaften und Olympischen Spielen nichts zu erkennen. Zwar ging es in vielen Ländern, die eine Fußball-WM veranstaltet haben, wachstumsmäßig aufwärts, aber das ist nicht erstaunlich, da eher Länder diese Ereignisse an Land zogen, die wirtschaftlich sowieso wuchsen und die es sich leisten konnten und wollten, der Welt zu zeigen, wie gut es ihnen geht. Südkorea, Austragungsort der WM 2002, mag ein Musterbeispiel sein. Typisch sind aber auch hohe Folgekosten, weil etwa überdimensionierte Stadien errichtet wurden.

In Deutschland werden die Folgekosten der WM gering sein, da die Stadien - außer in Leipzig - für Bundesligafußball ohnehin gebraucht werden. Aber umgekehrt hat die WM auch keinen Aufschwung verursacht. Denn die im Laufe von fünf Jahren investierten Summen von ein paar Milliarden Euro waren viel zu gering, um einen Effekt auf eine Volkswirtschaft zu haben, die jährlich ein Bruttoinlandsprodukt von rund 2500 Milliarden Euro hat! Zwar werden einige Millionen Übernachtungen von Ausländern in Deutschland stattfinden, die einige hundert Millionen Euro Umsatz machen. Aber der Gesamteffekt könnte sogar negativ sein, da Fußballfans erfahrungsgemäß normale Städtetouristen eher abschrecken. Dies erleben wir in Berlin ständig: Lärmende Sportler und Sporttouristen verdrängen andere Berlin-Besucher. Es wäre naiv, das, was bei Sportereignissen an Geld in die Stadt kommt, mit einem echten Gewinn gleichzusetzen.

Eine Fußball-WM lohnt sich nur deswegen, weil sie als Sportereignis einigen Millionen Menschen schlicht Spaß bringt. Auch wenn das unter falschen Voraussetzungen geschieht, wie ein Blick auf die FIFA-Homepage lehrt! Denn damit der internationale Fußballverband FIFA den Ball mit seinem Gütesiegel versieht, muss er nicht rund sein, wie man in Deutschland allgemein glaubt, sondern "kugelförmig". Hoffentlich wissen das zumindest Jürgen Klinsmann und seine Auswahlspieler.

Prof. Dr. Gert G. Wagner,
TU-Fachgebiet Empirische Wirtschaftsforschung und Wirtschaftspolitik,
Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung

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