Ökonomie der Weltmeisterschaft
Fußball macht Spaß, ist aber volkswirtschaftlich
belanglos
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Gert G. Wagner
© TU-Pressestelle/Weiß |
Sportereignisse produzieren ständig Schlagzeilen, die eine
enorme Bedeutung dieser "Events" suggerieren. Gemessen
an der Bedeutung der Probleme, über die in den politischen
Nachrichten und in den Wirtschaftsteilen der Zeitungen berichtet
wird, sind die dicken Schlagzeilen für Sportereignisse völlig
unangemessen. Trotzdem wird über Sport groß berichtet,
weil viele Menschen sich enorm am Sport erfreuen - oder sich maßlos
aufregen. Entsprechend ist zu hoffen, dass die Fußballweltmeisterschaft
aufregenden Fußball bieten und vielleicht den einen oder anderen
Doping- oder Schiedsrichterskandal liefern wird, damit man sich
freuen und echauffieren kann. Politisch wird die WM hoffentlich
unbedeutend sein, denn Bedeutung wäre mit Problemen gleichzusetzen.
Im schlimmsten Fall wäre es ein Terroranschlag - wahrscheinlicher
sind rechtsradikale Ausschreitungen.
Entgegen einer Euphorie, die seit Jahren geschürt wird, ist
nüchtern betrachtet von positiven wirtschaftlichen Effekten
bei Fußballweltmeisterschaften und Olympischen Spielen nichts
zu erkennen. Zwar ging es in vielen Ländern, die eine Fußball-WM
veranstaltet haben, wachstumsmäßig aufwärts, aber
das ist nicht erstaunlich, da eher Länder diese Ereignisse
an Land zogen, die wirtschaftlich sowieso wuchsen und die es sich
leisten konnten und wollten, der Welt zu zeigen, wie gut es ihnen
geht. Südkorea, Austragungsort der WM 2002, mag ein Musterbeispiel
sein. Typisch sind aber auch hohe Folgekosten, weil etwa überdimensionierte
Stadien errichtet wurden.
In Deutschland werden die Folgekosten der WM gering sein, da die
Stadien - außer in Leipzig - für Bundesligafußball
ohnehin gebraucht werden. Aber umgekehrt hat die WM auch keinen
Aufschwung verursacht. Denn die im Laufe von fünf Jahren investierten
Summen von ein paar Milliarden Euro waren viel zu gering, um einen
Effekt auf eine Volkswirtschaft zu haben, die jährlich ein
Bruttoinlandsprodukt von rund 2500 Milliarden Euro hat! Zwar werden
einige Millionen Übernachtungen von Ausländern in Deutschland
stattfinden, die einige hundert Millionen Euro Umsatz machen. Aber
der Gesamteffekt könnte sogar negativ sein, da Fußballfans
erfahrungsgemäß normale Städtetouristen eher abschrecken.
Dies erleben wir in Berlin ständig: Lärmende Sportler
und Sporttouristen verdrängen andere Berlin-Besucher. Es wäre
naiv, das, was bei Sportereignissen an Geld in die Stadt kommt,
mit einem echten Gewinn gleichzusetzen.
Eine Fußball-WM lohnt sich nur deswegen, weil sie als Sportereignis
einigen Millionen Menschen schlicht Spaß bringt. Auch wenn
das unter falschen Voraussetzungen geschieht, wie ein Blick auf
die FIFA-Homepage lehrt! Denn damit der internationale Fußballverband
FIFA den Ball mit seinem Gütesiegel versieht, muss er nicht
rund sein, wie man in Deutschland allgemein glaubt, sondern "kugelförmig".
Hoffentlich wissen das zumindest Jürgen Klinsmann und seine
Auswahlspieler.
Prof. Dr. Gert G. Wagner,
TU-Fachgebiet Empirische Wirtschaftsforschung und Wirtschaftspolitik,
Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung
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