Zwischen Berlin und Palästina
Orte der Erinnerung: Vertrieben und verehrt - Franz Heinrich
Ollendorff
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Auf dem Friedhof in Haifa
liegt Franz Heinrich Ollendorff auf einem Feld, auf dem ausschließlich
Professoren und Doktoren ihre letzte Ruhe fanden. Sein Name
und der seiner Frau Ruth (gest. 1991) stehen in lateinischer
Schrift auf der hinteren Seite des Grabsteins (Bild Mitte)
© Krüger-Jungnickel/Deutsche Technion Gesellschaft |
Wegen seiner jüdischen Herkunft 1933 von der TH Berlin
vertrieben, ging der Grundlagenforscher, Ingenieur und Hochschullehrer
Franz Heinrich Ollendorff 1937 endgültig nach Palästina.
Er lehrte am Technion in Haifa und starb dort 1981 - vor 25 Jahren.
Im Juli 1960 würdigte ihn die TU Berlin mit dem Ehrendoktortitel.
Trotz Erfahrung mit Diskriminierung und Verfolgung blieb Franz
Heinrich Ollendorff seiner alten Heimatstadt durch eine Herzensliebe
verbunden und setzte sich - bereits 15 Jahre nach Ende der Hitlerdiktatur
- für einen Brückenschlag der Freundschaft und der Zusammenarbeit
zwischen jungen Deutschen und Juden in Israel ein.
Franz Heinrich Ollendorff, Sohn des jüdischen Kaufmanns Nathan
Ollendorff und seiner Frau Martha, erblickte am 15. März 1900
in Berlin-Charlottenburg das Licht der Welt. Er wuchs in einer Epoche
auf, in der der technische Fortschritt Siebenmeilenstiefel angezogen
hatte. Berliner Firmen, AEG, Siemens und Telefunken galten als Weltmarken
der Elektro- und Nachrichtentechnik "Made in Germany".
Schon als Gymnasiast machte er sich im Rahmen des Kriegs-Hilfsdienstes
mit der drahtlosen Telegrafie bei der Firma Seibt vertraut. Das
technische Sachbuch "Entdeckungsfahrten in den elektrischen
Ozean" von Adolf Slaby verschaffte dem Dreizehnjährigen
ein "atemberaubendes Erlebnis" und blieb lebenslang Vorbild
für allgemein verständliche Technikdarstellung. Experimente
mit Empfängern schlossen sich an, noch bevor es 1923 den ersten
Rundfunksender im Vox-Haus gab. Nach seinem Abitur 1918 am Charlottenburger
Mommsengymnasium studierte er Elektrotechnik an der TH Berlin, forschte
nach der Prüfung 1921 von 1922 bis 1924 als Assistent an der
TH der Freien Stadt Danzig über Hochfrequenztechnik, promovierte
und lernte seine spätere Frau Ruth Kaetler kennen, die Tochter
eines Rabbiners. Wegen antisemitischer Pöbeleien kehrte das
junge Paar in das tolerantere Berlin zurück, wo Ollendorff
bei Siemens-Schuckert eine Anstellung fand. 1928 wurde er Privatdozent
und Oberingenieur am Lehrstuhl des Geheimrats Ernst Orlich für
Theoretische Elektrotechnik an der TH Berlin. Nach seiner Habilitation
(1929) schrieb Ollendorff allein oder mit Koautoren mehrere Fachbücher,
hatte sich als Forscher und Pädagoge einen guten Ruf erarbeitet.
Seine Karriereaussichten waren glänzend. Aber Ende Januar 1933
erhob der neue Kanzler Hitler den Antisemitismus zur Staatsdoktrin.
Die TH Berlin warf den jüdischen Wissenschaftler zwar raus,
aber ihm widerfuhr - nach eigenem Zeugnis - auch Solidarität.
Die Nobelpreisträger Max von Laue und Erwin Schrödinger
versuchten, dem "plötzlich vor dem Nichts stehenden jüdischen
Dozenten eine Zuflucht jenseits des Ozeans" zu organisieren.
Doch Ollendorff betreute ausgegrenzte, mosaische Kinder in Berlin
und war Lehrer einer jüdischen Volksschule. 1935 verließ
er die Stadt und gründete in Palästina eine Notschule
für Einwanderer. Sein ehemaliger Chef Orlich half ihm mit physikalischen
Messgeräten. Für eine jüdische Organisation war er
später noch einmal in Berlin. Danach arbeitete er in Haifa
am Technion. Seine Kraft und sein Enthusiasmus galten der wissenschaftlichen
Lehre und der studentischen Jugend. Ollendorff starb hoch geehrt
im Dezember 1981. Er ist in Haifa begraben, ein Berliner Familiengrab
liegt auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee.
Hans Christian Förster
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