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Die Maschen der Netzwerkstadt

Manuel Castells zu Gast am Center for Metropolitan Studies

Auch die Weltstadt Tokio funktioniert heute durch mulitmediale Netze
© privat

Als das Internet noch als neues Medium galt, stellte man sich die Zukunft gerne als ein Zeitalter ohne Städte vor. Verstreut lebende Individuen würden sich ausschließlich im Cyberspace treffen, mit virtuellen Geschäftspartnern in digitalen Büros konferieren und danach im Chatroom über ihre Kollegen tratschen. Im beginnenden 21. Jahrhundert geht es, wie man weiß, sehr anders zu. Weltweit wachsen die städtischen Agglomerationen in nie gekannten Ausmaßen, und die wichtigsten Geschäftspraktiken und Lebensentscheidungen werden nach wie vor von Angesicht zu Angesicht verhandelt.

Inwieweit hat die elektronische Kommunikation also tatsächlich unsere Städte verändert? Sehr grundlegend, sagt der spanische Stadtsoziologe Manuel Castells, der an der University of California, Berkeley, lehrt und Anfang März im Center for Metropolitan Studies an der TU Berlin zu Gast war. Für ihn bildet das Internet eine Gesellschaft ab, die zunehmend durch nicht-hierarchische Netzwerkstrukturen gegliedert ist und die hauptsächlich durch den ständigen synchronen Austausch ohne physische Nähe am Leben gehalten wird - in Wirtschaft, Politik und Sozialleben auch und besonders in den urbanen Zentren. Nach Castells befinden wir uns auf dem Weg zur Netzwerkstadt.

Wie aber unterscheidet sich dieser neue Städtetyp von der Industriestadt früherer Epochen? Die Metropolen des 21. Jahrhunderts, so Castells, mögen Ausmaße besitzen, die noch vor dreißig Jahren unvorstellbar waren. Strukturell aber glichen sie jenen Gebilden, die sich bereits vor einigen Jahrzehnten herausgebildet haben, nämlich den Städten Hollands, der amerikanischen Ostküste oder dem Ruhrgebiet. Vom unterschiedlichen Reichtum und unterschiedlichen Wirtschaftsaktivitäten abgesehen gebe es demnach keine grundlegenden Unterschiede zwischen dem Pearl-River-Delta in Südchina und der Rhein-Main-Region. Hier wie dort konzentriere sich die Bevölkerung der jeweiligen Länder in den Städten, während andere Flächen, etwa in Nordwestchina oder in der Uckermark, sehr dünn besiedelt blieben. Hier wie dort handle es sich um polyzentrische und multifunktionale "Metropolregionen". Es gebe nicht ein, sondern viele Büro- und Geschäftszentren. Zwischen Wohngebieten und Industriestandorten fänden sich auch immer wieder große Parkflächen oder sogar Äcker und Wiesen. Ermöglicht werde diese Struktur durch die neue Technologie - neben den elektronischen Medien seien es auch verbesserte Transportwege, die die Distanzen sowohl innerhalb der Metropolregionen sowie zwischen den einzelnen Zentren schrumpfen ließen.

Ist die Netzwerkstadt also ein Erfolgsmodell, das es erlaubt, die wachsende Erdbevölkerung an wenigen Orte zu konzentrieren und so zumindest die physische Voraussetzung für den Erhalt von Naturressourcen zu schaffen? Castells hat seine Zweifel.

Prof. Dr. Florian Urban,
Center for Metropolitan Studies der TU Berlin

www.metropolitanstudies.de

 

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