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April 2007
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Neue Kompositionen aus dem Baukasten der Elemente

Die Koordinationschemie auf der Suche nach innovativen Werk- und Wirkstoffen

Strukturmodell einer Koordinationsverbindung: Wie schneidert man metallhaltige Moleküle so nach Maß, dass sie ihre Wirkung nur am gewünschten Ort entfalten, zum Beispiel in der kranken Zelle?
© TU-Pressestelle

Welche Rolle Metalle in der Natur spielen, ist noch längst nicht abschließend verstanden. Dass sie eine - sogar gewichtige - Rolle spielen, weiß man aber schon seit Jahrhunderten. Die gezielte Erforschung ihrer Aufgaben und ihres Zusammenspiels mit anderen Stoffen, zum Beispiel im menschlichen Körper, ist eine der Aufgaben der Koordinationschemie.

"Doch Metalle kommen im Körper oft nur in Spuren vor", erklärt TU-Chemieprofessor Andreas Grohmann. "Wie sie ihre Wirkung entfalten, lernen wir deshalb erst seit einigen Jahren im Detail durch hochempfindliche neue Untersuchungsmethoden." Doch die Koordinationschemiker wollen nach dem Vorbild der Natur auch neue Verbindungen synthetisieren, um zum Beispiel medizinische und industriell verwertbare Werk- und Wirkstoffe zu erhalten. So ist in der Krebstherapie die Antitumorwirkung von Platinverbindungen inzwischen unverzichtbar, allerdings oft um den Preis unerwünschter Nebenwirkungen. "Eine Frage, die sich uns stellt, lautet: Wie können wir platinhaltige Moleküle so maßschneidern, dass sie ihre Wirkung nur gegen Tumorzellen richten? Oder: Welche chemische Hülle geben wir einem Metallatom, damit es medizinisch wirksam wird?", umreißt Andreas Grohmann das Problem. Dazu müsse man auch neue Wege zu gehen versuchen, die es so in der Natur noch nicht gibt. Dabei arbeite der Koordinationschemiker kreativ wie ein Komponist am Piano, nur komponiere er auf der Klaviatur der Elemente und bediene sich aus dem Baukasten der Natur. Er suche Wirkungen, die mit der Funktion von Metallatomen untrennbar verknüpft seien. Neben ihrer zunehmenden Bedeutung für die Medizin spielen Koordinationsverbindungen auch eine entscheidende Rolle als "Reaktionsvermittler" in der chemischen Produktion (Katalyse). Aus solchen Umsetzungen gehen zum Beispiel Kunststoffe mit neuartigen Eigenschaften hervor. Dazu gehören etwa Verpackungsmaterialien oder auch biologisch abbaubare Nahtmaterialien für die Chirurgie.

"Wir möchten der Natur etwas abschauen, vor allem auch die Eleganz, mit der sie vorgeht. So beruht zum Beispiel die Sauerstoff-Atmung auf einem koordinationschemischen Schaltprozess des Eisens. In einem ganz anderen Zusammenhang untersuchen wir, ob sich aus dieser Art von Schaltprozess Werkstoffe für die Informationsspeicherung entwickeln lassen", erklärt Andreas Grohmann.

Mitte Februar war er Gastgeber der dritten Tagung der Arbeitsgemeinschaft Koordinationschemie. 120 Teilnehmer aus 37 Arbeitsgruppen hatten sich versammelt, um Neues aus ihrer Forschung auszutauschen. Damit hatte die Tagung mehr Zulauf als je zuvor - für die TU-Chemiker ein Zeichen für den impulsgebenden Charakter der Koordinationschemie und deren wachsende Bedeutung. Dank großzügiger finanzieller Unterstützung industrieller Partner, die sehr interessiert an den Ergebnissen dieser Forschung sind, brauchte für die Veranstaltung keine Teilnahmegebühr erhoben zu werden.

Das nächste Treffen ist ebenfalls schon festgelegt: 2008 lädt Professor Siegfried Schindler an die Justus-Liebig-Universität nach Gießen ein.

Patricia Pätzold

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