Neue Kompositionen aus dem Baukasten der Elemente
Die Koordinationschemie auf der Suche nach innovativen Werk-
und Wirkstoffen
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Strukturmodell einer Koordinationsverbindung:
Wie schneidert man metallhaltige Moleküle so nach Maß,
dass sie ihre Wirkung nur am gewünschten Ort entfalten,
zum Beispiel in der kranken Zelle?
© TU-Pressestelle |
Welche Rolle Metalle in der Natur spielen, ist noch längst
nicht abschließend verstanden. Dass sie eine - sogar gewichtige
- Rolle spielen, weiß man aber schon seit Jahrhunderten. Die
gezielte Erforschung ihrer Aufgaben und ihres Zusammenspiels mit
anderen Stoffen, zum Beispiel im menschlichen Körper, ist eine
der Aufgaben der Koordinationschemie.
"Doch Metalle kommen im Körper oft nur in Spuren vor",
erklärt TU-Chemieprofessor Andreas Grohmann. "Wie sie
ihre Wirkung entfalten, lernen wir deshalb erst seit einigen Jahren
im Detail durch hochempfindliche neue Untersuchungsmethoden."
Doch die Koordinationschemiker wollen nach dem Vorbild der Natur
auch neue Verbindungen synthetisieren, um zum Beispiel medizinische
und industriell verwertbare Werk- und Wirkstoffe zu erhalten. So
ist in der Krebstherapie die Antitumorwirkung von Platinverbindungen
inzwischen unverzichtbar, allerdings oft um den Preis unerwünschter
Nebenwirkungen. "Eine Frage, die sich uns stellt, lautet: Wie
können wir platinhaltige Moleküle so maßschneidern,
dass sie ihre Wirkung nur gegen Tumorzellen richten? Oder: Welche
chemische Hülle geben wir einem Metallatom, damit es medizinisch
wirksam wird?", umreißt Andreas Grohmann das Problem.
Dazu müsse man auch neue Wege zu gehen versuchen, die es so
in der Natur noch nicht gibt. Dabei arbeite der Koordinationschemiker
kreativ wie ein Komponist am Piano, nur komponiere er auf der Klaviatur
der Elemente und bediene sich aus dem Baukasten der Natur. Er suche
Wirkungen, die mit der Funktion von Metallatomen untrennbar verknüpft
seien. Neben ihrer zunehmenden Bedeutung für die Medizin spielen
Koordinationsverbindungen auch eine entscheidende Rolle als "Reaktionsvermittler"
in der chemischen Produktion (Katalyse). Aus solchen Umsetzungen
gehen zum Beispiel Kunststoffe mit neuartigen Eigenschaften hervor.
Dazu gehören etwa Verpackungsmaterialien oder auch biologisch
abbaubare Nahtmaterialien für die Chirurgie.
"Wir möchten der Natur etwas abschauen, vor allem auch
die Eleganz, mit der sie vorgeht. So beruht zum Beispiel die Sauerstoff-Atmung
auf einem koordinationschemischen Schaltprozess des Eisens. In einem
ganz anderen Zusammenhang untersuchen wir, ob sich aus dieser Art
von Schaltprozess Werkstoffe für die Informationsspeicherung
entwickeln lassen", erklärt Andreas Grohmann.
Mitte Februar war er Gastgeber der dritten Tagung der Arbeitsgemeinschaft
Koordinationschemie. 120 Teilnehmer aus 37 Arbeitsgruppen hatten
sich versammelt, um Neues aus ihrer Forschung auszutauschen. Damit
hatte die Tagung mehr Zulauf als je zuvor - für die TU-Chemiker
ein Zeichen für den impulsgebenden Charakter der Koordinationschemie
und deren wachsende Bedeutung. Dank großzügiger finanzieller
Unterstützung industrieller Partner, die sehr interessiert
an den Ergebnissen dieser Forschung sind, brauchte für die
Veranstaltung keine Teilnahmegebühr erhoben zu werden.
Das nächste Treffen ist ebenfalls schon festgelegt: 2008 lädt
Professor Siegfried Schindler an die Justus-Liebig-Universität
nach Gießen ein.
Patricia Pätzold
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