Mit Wissenschaft auf Verbrecherjagd
Zukünftige Fernsehheldinnen und -helden aus Natur- und
Technikwissenschaften
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Im ARD-Tatort gibt es bereits
Kommissarinnen und verantwortliche Wissenschaftlerinnen: Pathologin
Patrizia Funck (Saskia Fischer) berichtet Hauptkommissar Jan
Casstorff (Robert Atzorn) von den Ergebnissen ihrer Untersuchung
© NDR/Thorsten Jander |
Ist der Alltag von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern wirklich
so langweilig, dass er für gute Geschichten nicht taugt? "Weniger
als zwei Prozent der Berufsrollen im Fernsehen, in Filmen, Serien
oder Soaps, sind technische Berufe", sagt Medienwissenschaftlerin
Dr. Marion Esch. Das habe eine Untersuchung des Nürnberger
Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) herausgefunden.
"Das hat auch negative Folgen für unsere Wirtschaftsentwicklung."
Denn gerade die Fernsehlandschaft transportiere ganz entscheidend
Berufsrollenvorbilder. Nicht von ungefähr sei das Interesse
von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Berufs- und Studienmöglichkeiten
in technischen Bereichen zu nutzen, in Deutschland rückläufig.
Das gilt insbesondere für junge Frauen. Nicht einmal zehn Prozent
der Studienanfänger in den ingenieurwissenschaftlichen Kernfächern
wie etwa der Elektrotechnik in Deutschland sind weiblich.
Hier setzt das von der Europäischen Union geförderte
Projekt EuroWistdom (European Women in Science TV Drama on Message)
an. Es baut auf einer Initiative auf, die wiederum auf langjährigen
Erfahrungen von BBC-Redakteuren basiert. Wissenschaft und Technik
sollen Drehbuchautoren inspirieren, neue Themen und Charaktere für
populäre Fernsehformate daraus zu schöpfen und insbesondere
für junge Frauen positive weibliche Rollenmodelle zu entwickeln
statt langweiliger, stereotyper Frauen-Klischees. In Deutschland
wird das Projekt von der an der TU Berlin angesiedelten Femtec GmbH,
dem Hochschulkarrierezentrum für Frauen, koordiniert. Projektpartner
sind in Großbritannien die OMNI Communications, die 1994 von
den BBC-Redakteuren gegründete Produktionsfirma, die seitdem
bereits mehr als 50 TV-Projekte mit Wissenschaft und Technologie
als zentralen Inhalten erfolgreich durchgeführt hat, sowie
EURO-MEI in Belgien, der europäische Verband für Film-,
Fernseh- und Kulturschaffende.
"Mit den europäischen Fördergeldern haben wir zunächst
Tagungen und Workshops in Berlin, Ljubljana, Paris und London ausgerichtet,
um die richtigen Leute zueinander zu bringen: Wissenschaftler, Drehbuchautoren,
Produzenten", erzählt Marion Esch, die das Projekt zusammen
mit der Geschäftsführerin Dr. Helga Lukoschat für
die Femtec koordiniert. "Drehbuchautorinnen und -autoren ebenso
wie ihre Produzenten haben oftmals einfach keinen Zugang zu technischen
Themen, auch aufgrund eigener eher geistes- und sozialwissenschaftlicher
Ausbildung. Wir wollen ihnen Forschende vorstellen, die sie Schritt
für Schritt in ihre Wissenschaft mitnehmen." Neben Kontakten
zu interessanten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bietet
das Programm für die sechs besten Drehbuchideen zusätzlich
eine finanzielle Förderung von je 7000 Euro. Inzwischen ist
das Projekt bereits entscheidende Schritte gegangen: Rund 50 Bewerbungen
mit "sehr interessanten" Szenerien, sogenannten Plots,
sind inzwischen eingegangen. Sollte das Projekt erfolgreich sein,
darf man wohl demnächst die Welt chromblitzender Technik und
Funken sprühender Naturwissenschaft nicht nur in den Werbepausen
auf dem Bildschirm erwarten, sondern auch in atemberaubenden Krimis,
Dramen und Liebesgeschichten.
Patricia Pätzold
www.eurowistdom.eu
www.femtec-konferenz.de
Deadline für die Einreichung eines
vierseitigen Exposés auf Deutsch, Englisch oder Französisch
ist der 30. April 2007. |
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