Metropolen im Maßstab. Erzählen mit dem Stadtplan
Eine kulturwissenschaftliche Konferenz des Zentrums für
Metropolenforschung an der TU Berlin
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Der gedoppelte Stadtplan:
Uli Schuster, Experte für Stadtforschung, führt durch
die Karl-Marx-Allee in Berlin
© privat |
Seit dem 19. Jahrhundert haben unzählige Autoren Städte
als Schauplätze für Romane gewählt, im Kriminalfilm
des 20. Jahrhunderts werden Gangster durch die dunklen Gassen der
Stadt gejagt, und die Konzeptkunst der 70er-Jahre setzt sich mit
urbanen Räumen auseinander. Die Metropole wird dabei zur Matrix
für das Erzählen in den unterschiedlichsten Medien.
Stadtpläne begleiten die Entstehung der Metropolen im 19.
und 20. Jahrhundert. Sie dienen der Orientierung und sind Gebrauchsobjekte.
Stadtpläne mit ihrer zweidimensionalen Abbildung des urbanen
Raumes sind aber auch die Irrgärten, in denen sich der Romanheld
verfängt, oder ein gefährlicher Dschungel für den
Detektiv. Wie nutzen nun Literatur, Film und Kunst den Stadtplan?
Welcher Autor hat sich zum Schreiben seines Romans einen Stadtplan
organisiert oder sich gar einen ausgedacht?
Diesen Themen ging die dreitägige Konferenz "Metropolen
im Maßstab. Erzählen mit dem Stadtplan" nach, die
von Achim Hölter (Universität Münster), Volker Pantenburg
(FU Berlin) und Susanne Stemmler (Zentrum für Metropolenforschung
TU Berlin) konzipiert wurde. Das Zentrum für Metropolenforschung
kooperierte für diese Veranstaltung vom 16. bis 18. März
2007 mit dem Literaturforum im Brechthaus - ein überaus geeigneter,
da stadt- und literaturgeschichtlich bedeutsamer Ort in Berlin.
Mit dem Thema Stadtplan griff die Konferenz ein sehr aktuelles Thema
auf - den Raum. Vom Schrumpfen der Städte bis zur erhöhten
Mobilität durch die Preisstürze beim Flugtourismus - unterschiedlichste
Phänomene haben die Aufmerksamkeit auf den Raum und seine Kartografien
gelenkt. Zwischen Geografen und Architekten, Urbanisten und Historikern,
Landschaftsplanern und Literatur-, Film- und Kunstwissenschaftlern
bilden "Raum" und "Stadt" einen interdisziplinären
Schnittpunkt. Stadt verdichtet Räumlichkeit, wie nicht zuletzt
auch die aktuelle Ausstellung Topos RAUM in der Akademie der Künste
zeigt. "Metropolen im Maßstab" stellte den "spatial
turn" der Kulturwissenschaften am konkreten Gegenstand "Stadtplan"
auf die Probe. Exemplarisch wurden Kartografien von Städten
wie Berlin, Paris, London, Istanbul, Los Angeles, New York sowie
den peruanischen Städten Cuzco, Abancay und Chimbote herausgegriffen
und deren Übersetzung in verschiedene künstlerische Medien
- Text, Film und bildende Kunst - betrachtet.
Dazu waren ausgewiesene Experten in Sachen Stadt, Kartografie
und Raumtheorie aus unterschiedlichen kulturwissenschaftlichen Disziplinen
zu den verschiedensten Regionen - Europa, Süd- und Nordamerika
- eingeladen. Die Vorträge zeigten, wie sich die theoretische
Auseinandersetzung mit Räumlichkeit der letzten Jahre auf den
literarischen Umgang mit dem städtischen Raum auswirkt.
Der Zusammenhang zwischen dem Stadtplan und der "Planbarkeit
von Texten", etwa am Beispiel von Paris, war ebenfalls ein
Schwerpunkt der Tagung. Filme waren Gegenstand weiterer Beiträge,
die etwa den Umgang mit dem Stadtplan in Fritz Langs M - Eine Stadt
sucht einen Mörder (1931) oder Pierre Melvilles Film Samouraï
(1967) zeigten. Wie Stadtplan und Konzeptkunst der letzten 40 Jahre
aufeinander Bezug nehmen, war eine weitere thematische Linie, die
sich durch die Konferenz zog.
Eine Tagung zum Thema "Stadtplan" wäre unvollständig,
wenn nicht ein Teil des Programms im direkten Kontakt mit den Straßen
der Metropole stattfinden würde. Die Konferenz schloss daher
mit der thematischen Stadtführung "Visionen im Maßstab:
Der gedoppelte Stadtplan" ab: Teilnehmer und Gäste wurden
von Uli Schuster von der Agentur für zeitgenössische Stadtforschung
durch den städtebaulichen Komplex Karl-Marx-Allee und sein
"Pendant" im Westen, das Hansaviertel, geführt.
Susanne Stemmler,
Zentrum für Metropolenforschung
www.metropolitanstudies.de
www.freunde-der-stadt.de
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