Reichstag im Reichstag - Bitte berühren!
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© privat,
TU Berlin/Elke Weiß (3) |
Hunderte von blinden und sehbehinderten Menschen besuchen jährlich
den Reichstag in Berlin. Die Kommission des Ältestenrates für
Innere Angelegenheiten des Bundestages nahm das zum Anlass, ein
Modellprojekt für mehr Barrierefreiheit zu initiieren. Sie
beauftragte das Fachgebiet Modellbau im Institut
für Architektur der TU Berlin mit der Realisierung eines
Tastmodells. Aus mehr als 1000 Einzelteilen entstand in zweieinhalb
Jahren ein detailgetreues und sehbehindertengerechtes Modell des
Reichstagsgebäudes und seiner Umgebung, das nun dauerhaft auf
der Besucherebene im Reichstag zu sehen ist. Zur feierlichen Enthüllung
am 20. März 2007 schritten Bundestagsvizepräsidentin Gerda
Hasselfeldt ebenso wie die Abgeordnete Dagmar Freitag, auf deren
Initiative die Anschaffung des Modells wesentlich zurückging,
der 2. TU-Vizepräsident Prof. Dr. Johann Köppel sowie
Vertreter des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV).
Mehr als 200 Studierende nahmen im Laufe von zweieinhalb Jahren
an den Seminaren teil, setzten sich mit dem Thema "Architekturdarstellung
für Blinde und Sehbehinderte" auseinander und realisierten
schließlich das Modell mit einer Kantenlänge von etwa
1,50 Metern. Sie wurden unterstützt von Betroffenen. "Mehrmals
hatten wir Besucher vom DBSV in unserer Modellbau-Werkstatt, zeigten
ihnen unsere Modelle und diskutierten mit ihnen die Ausarbeitungen",
erklärt Burkhard Lüdtke, Leiter des an deutschen Universitäten
einmaligen Studienfachs. "In mehreren Selbstversuchen ließen
sich die Studierenden sogar mit verbundenen Augen selbst durch den
Reichstag führen, zusammen mit blinden Menschen, um einen Eindruck
zu bekommen, wie Blinde ihre Umgebung wahrnehmen."
Entstanden ist ein getreues Modell im Maßstab 1:100. Es gibt
genaue Details der Gründerzeitarchitektur wieder und abstrahiert
bei den modernen Baukörpern. Die Modellbauer entwickelten außerdem
ein völlig neues Material zur Darstellung von Sandstein. Auch
für Sehende ist das Modell daher eine Bereicherung. "Zu
sehen" ist außerdem ein Umgebungsrelief mit den Bundestagsneubauten,
dem Bundeskanzleramt, dem Brandenburger Tor, dem Holocaustmahnmal
sowie mit Spree und Straßenzügen. "Neben der technischen
Virtuosität bei der Ausführung ist das Modell auch ein
gutes Beispiel für die Bandbreite der gesellschaftlichen Verantwortung,
der sich eine Universität wie die TU Berlin stellt", sagte
der 2. TU-Vizepräsident Johann Köppel bei der Präsentation.
Zur Besichtigung muss man sich beim Besucherdienst des Bundestages
anmelden.
www.bundestag.de
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