Nachgefragt
Europas Exzellenz
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Andreas Sentker
© privat |
TU intern befragt Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten,
was für sie die spannendste Forschungsnachricht der jüngsten
Zeit war und welches Thema mehr Aufmerksamkeit in den Medien verdient.
Andreas Sentker ist Leiter des Ressorts Wissen bei dem Wochenmagazin
"DIE ZEIT"
und moderiert die Diskussionsrunden "ZEIT FORUM WISSENSCHAFT",
die alle drei Monate in der Berlin-Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften in Berlin stattfinden.
Die aufregendste Forschungsnachricht der jüngsten Zeit war
eine forschungspolitische: die Einrichtung des European Research
Council. Ein Gremium der Europäischen Kommission, das von der
Europäischen Kommission unabhängig entscheidet, das Forschungsgeld
nur nach einem Kriterium verteilt: Exzellenz; das keine nationalen
Interessen ausbalancieren muss - das ist fast schon eine Revolution
in Europa. Eine lang ersehnte Revolution und eine notwendige: Denn
das hehre Ziel, Europa zu dem führenden Wirtschafts- und Wissenschaftsraum
der Welt werden zu lassen, ist mit Kompromissen, Proporzen und Rücksichtnahmen
nicht zu erreichen.
Welches Thema mehr Aufmerksamkeit verdient? Der European Research
Council. Jetzt, nach seiner erfolgreichen Etablierung, muss die
Öffentlichkeit darüber wachen, dass seine Unabhängigkeit
erhalten bleibt. Denn in die Freude über die neue Forscherfreiheit
mischt sich bereits die Angst, die Politik könne sich sehr
bald wieder einmischen, etwa, wenn die meisten Fördermittel
des Rates in die großen Forschernationen fließen und
der Osten oder der Süden Europas leer ausgehen. Und nicht nur
forschungspolitische Strukturen wie der ERC, auch forschungspolitische
Themen wie die viel beschworene Klimakatastrophe zeigen, wie schnell
die Unabhängigkeit der Forschung in Gefahr gerät, wie
rasant ihre Prinzipien erodieren können, wenn sie sich der
Politik nähert - oder die Politik sich ihr.
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