Freiheitliche Alternative der Architektur
Das Hansaviertel in Berlin wird 50 - eindrückliches Beispiel
städtebaulicher Visionen der 50er-Jahre
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© Bürgerverein Hansaviertel
e.V., Tilo Geisler |
Das neue Hansaviertel ist nicht nur ein beliebtes Wohnquartier,
sondern auch eine erste Adresse für Architekturtouristen aus
aller Welt. Wie kein zweites Viertel in Westberlin symbolisiert
es die Träume und Zwänge der 1950er-Jahre: den Wunsch,
sich durch neue Formen der Architektur von der braunen Vergangenheit
abzusetzen, die Hoffnung, im Kalten Krieg zwischen Ost und West
eine "freiheitliche Alternative" auch in der Architektur
zu bauen, die Überzeugung, nun endlich mit dem verhassten steinernen
Berlin aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg auch praktisch abrechnen
zu können. Das Ergebnis ist heute noch zu bewundern: Wohnen
im Park vom Feinsten und in bester innerstädtischer Lage, gestaltet
von namhaften deutschen und internationalen Architekten der 1950er-Jahre.
Das neue Viertel war eine Parade von Diven, der - städtebaulich
gesprochen - das Gros der Statisten fehlte. Erst durch die Mitwirkung
namhafter deutscher und internationaler Garten- und Landschaftsarchitekten
wurden die Solitärbauten zu einer Gesamtkomposition in einem
Grün- und Landschaftsraum, zu einem Manifest der städtebaulichen
Moderne. Neueste Bautechniken und Baumaterialien kamen damals zum
Einsatz, die Wohnungen wurden mit den Errungenschaften der neuen
Zeit ausgestattet - etwa dem Müllschlucker und modernen Heizungssystemen.
Das Viertel wurde durch große Straßen und eine neue
U-Bahn gut erschlossen.
Das neue Hansaviertel war Zeugnis einer Bauausstellung, der Interbau
1957, die auch weitere Objekte außerhalb des Hansaviertels
umfasste, etwa die Kongresshalle und die Wohnscheibe von Le Corbusier.
Es ist in Berlin das einzige Beispiel dafür, dass ein bürgerliches
Quartier aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nahezu spurlos ersetzt
wurde. Ein Viertel mit starker jüdischer Prägung, in dem
einige der besten Architekten der Kaiserzeit wirkten und in dem
berühmte Persönlichkeiten dieser Zeit lebten. Das alte
Hansaviertel war größtenteils den Bomben des November
1944 zum Opfer gefallen. Es bot daher die einmalige Chance, Neues
nicht nur zu denken, sondern auch zu bauen. Das neue Hansaviertel
galt als Schritt in Richtung "Stadt von morgen". Eine
Vision, der auf der Interbau 1957 eine eigene Ausstellung gewidmet
war. Um dieses Vorhaben zu verwirklichen, bedurfte es einer gründlichen
Vorarbeit. Lange vor der Beauftragung der großen Architekten
der 1950er-Jahre wurde das alte Hansaviertel kulturell entwertet,
die verbliebenen Gebäude abgerissen, die Bewohner und Nutzer
umgesetzt. Das neue Hansaviertel war zugleich die Auslöschung
des alten - bis in die Erinnerung hinein, was in der Fachwelt allerdings
nicht ohne Kritik blieb.
Prof. Dr. Harald Bodenschatz,
Fachgebiet Planungs- und Architektursoziologie
Für das Jubiläum der Interbau
1957 ist ab dem 12. Mai 2007 ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm
geplant. Die Schirmherrschaft hat der Regierende Bürgermeister
Klaus Wowereit.
www.buergerverein-hansaviertel-berlin.de |
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