Wirbel des Windes
Orte der Erinnerung: Strömungsphysiker Hermann Föttinger
hielt Spezialistentum für den Quell frühzeitiger Vergreisung
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Das Grab Hermann Föttingers
in Berlin-Wilmersdorf
© Förster |
Am 9. Februar 2007 jährte sich zum 130. Mal der Geburtstag
des ersten Hochschullehrers für Strömungsphysik: Hermann
Föttinger. Sein Fach war und ist die zentrale Grundlagendisziplin
der Ingenieur- und Naturwissenschaften mit vielfältigen praxisrelevanten
Anwendungen. Heute tragen das Institut für Strömungsmechanik
der TU Berlin und ein Gebäudekomplex auf dem Universitätscampus,
wo er einst experimentierte, seinen Namen.
Hermann Föttingers Leben war in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich.
1895 bestand er das Abitur am Königlichen Realgymnasium seiner
Heimatstadt Nürnberg und studierte dann bis 1899 an der TH
München Elektrotechnik. Bereits als Student interessierte er
sich - angeregt durch Vorlesungen von Professor August Otto Föppl
- für maschinenbauliche Forschungsprobleme. Nach dem Studium
wurde er Konstrukteur an der Stettiner Vulcan Schiffsbau-Anstalt.
Dort befasste er sich mit der Erprobung und Einführung neuer
Dampfturbinensysteme und erwarb 1905 das bedeutendste seiner mehr
als 100 Patente, das als "Föttinger-Transformator"
bekannt wurde und seinen Weltruhm begründete. Durch diese Strömungskupplung
und -getriebe gelang es im Schiffbau, die Dampfturbine direkt mit
der Schraube zu verbinden und so den Spitzenwirkungsgrad von 83
Prozent zu erzielen. Bereits 1904 erwarb er den Dr.-Ing. an der
TH München. Im Herbst 1909 erfolgte dann seine Berufung an
die KTH Danzig. Hier baute er das Institut für Strömungstechnik
auf. Während sein Hauptarbeitsfeld weitgehend der Schiffsbau
blieb, entwickelte er zugleich die Physik der technischen Strömungsphänomene
fort. In Danzig lehrte und forschte er bis 1924 - nur unterbrochen
durch einen "Freiwilligen Hilfsdienst" während des
Ersten Weltkrieges bei der Schiffsprüfungs- und Torpedoabnahmekommission
in Kiel.
Am 30. Oktober 1924 begann Föttingers Berliner Wirkensperiode
an der Technischen Hochschule Berlin mit der Übernahme der
ersten deutschen Professur für Allgemeine Strömungslehre
und Turbomaschinen. In einer viel beachteten Antrittsvorlesung gelang
ihm der Brückenschlag von den klassischen Grundlagen der Strömungslehre
hin zu deren aktuellen Anwendungen auf der Basis von Grenzschicht-,
Tragflügel- und Propulsionstheorie. Engagiert arbeitete er
am Ausbau des neuen Instituts und versammelte begabte Mitarbeiter
um sich, die er zu Forschungen auf verschiedenen Gebieten der Strömungslehre
anregte. Seine Arbeitsfelder waren enzyklopädisch: Er setzte
seine technische Erfindertätigkeit fort, arbeitete an der Versuchsanstalt
für Wasser- und Schiffbau auf der Schleuseninsel, wirkte an
der Prüfanstalt für technische Strömungsforschung
und Windkraftanlagen, gab mit seiner Schraubenwirbeltheorie der
Propellertheorie neue Impulse. Außerdem arbeitete er mit Franz
Kruckenberg am "Schienenzeppelin", dem legendären
propellergetriebenen Schnellzugtriebwagen. Interessant ist auch,
dass er nie ein dickes Lehrbuch verfasst hat, die meisten seiner
technischen Artikel erschienen im Jahrbuch der Schiffbautechnischen
Gesellschaft. Seine Studenten warnte er vor "Registraturdenken",
in das der Fachmann leicht verfallen könne. Übertriebenes
Spezialistentum hielt er für den "Tod der akademischen
Berufe und den Quell frühzeitiger Vergreisung". Er machte
Mut für einen grenzüberschreitenden Blick auf die das
eigene Fach tangierenden Nachbargebiete. Hermann Föttinger
starb in den letzten Kriegstagen, am 28. 04. 1945, durch einen Granatsplitter.
Sein Grab findet man auf dem Wilmersdorfer Friedhof, Berliner Straße.
Hans Christian Förster
Weitere
Informationen siehe auch: www.hfi.tu-berlin.de/Foettinger/
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