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Februar/März 2007
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Auf der anderen Seite des Schreibtisches

Der Sprung vom Studium in den Job - durch drei Zeitzonen

Ines Lehmann berät Germanistik-Interessierte im Institut für German Studies in Neu-Delhi
© privat

So schnell kann's gehen. Gerade steckte ich noch mitten in der Abschlussphase meines Studiums. Jetzt finde ich mich in Neu-Delhi wieder als Sprachassistentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Und zwischen diesem Wechsel der Schreibtischseite lag nur ein Wimpernschlag.

Ich genoss die letzten Züge meines Studentinnendaseins. Immerhin ist die Prüfungsphase, wenn auch anstrengend, etwas ganz Besonderes. Zwar wachte ich jeden Morgen nicht gerade motiviert auf: wieder ein Tag, dessen Sinn und Ziel nur darin bestanden, sich ein paar Seiten weiterzukämpfen. Doch beim Anblick der fleißigen Drittsemester in der Bibliothek schwang auch ein leichtes, sogar etwas erhabenes Gefühl von "Bald-hast-du-es-geschafft" mit: Noch mal zwei Monate richtig hart arbeiten, und ich habe mein Magisterzeugnis. Und dann bin ich hier weg. Und wieder blieb man bis um acht, obwohl ich heute mal zum Sport gehen wollte. Allen, die gerade in der Prüfungsphase stecken und stöhnen, soll gesagt sein: Tragt es mit Würde! Und bewusst! Es ist so schnell vorbei. Und dann liegt auf einmal das ganze Studium hinter einem.

Nach diesem Rausch finde ich mich jetzt in Neu-Delhi wieder. Mir blieb noch nicht mal genug Zeit, mein Magisterzeugnis selbst abzuholen, denn in Indien beginnt das Semester schon im August. Und nun, einmal durch drei Zeitzonen geflogen, bin ich auf einmal Lehrerin, Dozentin, Beraterin, höchste Instanz als Muttersprachlerin hier am Institut für German Studies an der Jawaharlal Nehru University. Manchmal sitze ich in meinem Büro und mache mir für einen Moment bewusst, was eigentlich geschehen ist. Jetzt bin ich nicht mehr diejenige, die Fragen stellt, ehrfurchtsvoll in das Zimmer des Professors tritt und ihm gegenüber am Schreibtisch um eine gewählte Ausdrucksweise ringt. Nun muss ich die Antworten haben, Studierende zu einem Referat beraten oder sie beruhigen, wenn auch ich ihnen keine Regel zum semantischen Inhalt von Präfixen liefern kann. Nebenbei stehe ich gestandenen Professoren als kritische Zuhörerin und Gesprächspartnerin beim Probedurchlauf eines Vortrags für eine Konferenz zur Verfügung. Natürlich fühle ich mich manchmal überfordert. Dass ich jetzt Linguistik unterrichte, obwohl ich sie vor ein paar Monaten noch selbst studiert habe, fühlt sich nicht minder komisch an. Dennoch fühle ich mich fähig und sehe Früchte meiner Arbeit. Schließlich habe ich im Studium gelernt, mich in neue fachliche Bereiche schnell einzuarbeiten, sie aufzuarbeiten und darzustellen.

Während eines geisteswissenschaftlichen Studiums fragt sich sicher jeder einmal: "Was kann ich mit meinem Studium anfangen? Habe ich in den vergangenen acht Semestern überhaupt was gelernt?" Wenn man dann trotzdem weitermacht, sich während des Studiums schon ein bisschen umsieht und gezielt studiert, findet man auch den Job, wo man das Gelernte anwenden kann. Zum Beispiel auf der anderen Seite des Schreibtisches.

Ines Lehmann,
TU-Alumna

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