Wellen für die Forschung
Saniertes Experimentierfeld auf der Schleuseninsel eröffnet
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Wellenversuch mit Meerestechnik
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Sanfte Wellengruppen bahnen sich den Weg im 120 Meter langen
Seegangsbecken, wachsen plötzlich steil zu einer Monsterwelle
an und stürzen sich auf Schiffe und meerestechnische Aufbauten
- zum Glück nur im Modellversuch auf dem Charlottenburger Campus
der TU Berlin. Am 26. Januar wurde in dem Gebäude der ehemaligen
Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau (VWS) das sanierte
Seegangsbecken feierlich eingeweiht.
Die Abdichtung des Beckens an diversen Stellen, die Instandsetzung
der komplexen Anlage zur Erzeugung der Wellen und der Neubau der
Wellenböschung waren hierfür notwendig. Damit steht dem
Bereich Schiffs- und Meerestechnik neben dem Tiefwassertank, dem
15 Meter langen Wellenkanal und dem Umlauftank nun ein viertes Experimentierfeld
mit beachtlichem Ausmaß zur Verfügung.
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Günther Clauss mit "Poseidon",
"Frau Latte" und dem ganzen Ordenskapitularium bei
der feierlichen Einweihung und Taufe
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Bei der feierlichen Einweihung vor viel Publikum zeigten die maritimen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dann auch ihren Sinn für
Tradition. Nicht nur das "Ordenskapitularium der heyligen Frau
Latte zu Berlin", ein studentischer Zusammenschluss, sondern
auch Poseidon persönlich gaben ihren Segen für das Experimentierfeld.
Nationale und internationale Versuchsanstalten spendeten Taufwasser
aus ihren eigenen Anlagen - den weitesten Weg legte eine Flasche
aus Brasilien zurück. Aber auch einen Blick in die Zukunft
gab es an diesem Nachmittag. Prof. Dr.-Ing. Günther F. Clauss
skizzierte den Stellenwert des Schiffbaus für Deutschland,
in dem allein 23000 Beschäftigte - ohne Zulieferindustrie -
einen Umsatz von sechs Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaften.
"Deutsche Reeder betreiben mehr als ein Drittel der Containerschiff-Weltflotte.
Diese komplexen Schiffe wie auch andere maritime Systeme verlangen
hohe technische Kompetenz und exzellente Ausbildung", betonte
er. Die TU Berlin bilde derzeit 180 Studierende aus, die auf dem
Arbeitsmarkt sehr stark nachgefragt seien. Allein 6,21 Millionen
Euro Drittmittel flossen in den letzten Jahren in die Forschung
des Bereiches. Probleme wie Monsterwellen, das Kentern von Schiffen
oder die Ölverschmutzung stehen dabei im Mittelpunkt.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen sowohl im Versuch
als auch in der numerischen Berechnung Wellen analysieren, Schiffe
und andere meerestechnische Konstruktionen verbessern und den Kapitänen
ein Programm an die Hand geben, mit dem Gefahrensituationen auf
hoher See im Voraus erkannt werden. "Der Ölunfall vor
Spaniens Küste im Jahr 2002, bei dem 50000 Tonnen Öl ausliefen,
oder die Havarie eines Containerschiffes im Ärmelkanal während
des Orkans Kyrill zeigen die Aktualität unserer Forschungsprojekte",
erläutert der Wissenschaftler in Anwesenheit auch zahlreicher
Sponsoren und Partner. Clauss dankte auch der Bauabteilung und dem
Präsidium, die eine schnelle Sanierung des Seegangsbeckens
ermöglicht hätten. Mit ihrem sanierten Seegangsbecken
können die Schiffbauer und Meerestechniker der TU Berlin an
eine lange Tradition anknüpfen. Sie werden ihr Publikum zur
"Langen Nacht der Wissenschaften" am 9. Juni gewiss finden.
Stefanie Terp
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