Wieviel studieren Sie denn?
Über zwölf Prozent der Studierenden sehen sich nicht
als Vollzeitstudierende - Hochschulen sollten echte Teilzeitangebote
schaffen
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Termine für Studium und
Job koordinieren, für viele Studierende anstrengender Alltag
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"Was studieren Sie denn?" ist eine bekannte Small-Talk-Frage
und der Angesprochene ist genötigt, Auskunft über das
gewählte Fach zu geben und die Aussichten zu beschreiben, was
mit einem entsprechenden Abschluss anzufangen ist. Eher unbekannt
ist die Frage "Wie viel studieren Sie denn?". In Deutschland
sind Teilzeitstudiengänge die Ausnahme. In der Regel schreibt
man sich ein und ist dann für seine Alma Mater ein Vollzeitstudent,
unabhängig davon, wie oft und für wie lange man die Schwelle
zur Hochschule überschreitet.
Die Realität sieht anders aus. Immerhin zwölf Prozent
der Studierenden sehen sich selbst als Teilzeitstudierende. Dies
zeigt eine Untersuchung des Centrums
für Hochschulentwicklung (CHE). Dabei gibt es deutliche
Unterschiede zwischen den Fächern. In einzelnen Disziplinen
ist der Anteil der Teilzeitstudierenden sehr hoch. Ein Drittel aller
Erziehungswissenschaftler sowie über ein Viertel aller Politologen,
Germanisten, Soziologen und Historiker studieren nach eigenen Angaben
nicht Vollzeit. In Lebensmittel- und Biochemie, Pharmazie und Medizin
sind es dagegen weniger als fünf Prozent.
Die Gründe, aus denen Studierende die Universität nicht
zum Lebenszentrum machen, können unterschiedlich sein: Geldmangel
und dadurch begründete Arbeitstätigkeit, Familienverantwortung,
Freizeitinteressen oder auch ein weiteres Studium können das
Zeitbudget verknappen. In der Vergangenheit war die Konsequenz aus
der Praxis, dass einige Studierende de facto nur in Teilzeit studieren,
die Verlängerung der realen Studienzeiten. Es hat einfach länger
gedauert. Durch die Umstellung auf modularisierte Studiengänge
mit studienbegleitenden Prüfungen ändert sich die Lage.
Modularisierte Studiengänge sind - wenn die Modularisierung
ernst genommen wurde - straffer organisiert. Die gegenseitige Verbindlichkeit
zwischen Hochschule und Studierenden erhöht sich und es wird
schwieriger bis unmöglich, inoffiziell Teilzeit zu studieren
und sein Studienpensum weitgehend selbst zu bestimmen. Mit der Modularisierung
geht die Einführung des Credit-Systems ECTS einher, das eine
feste Zeitwährung für Studienleistungen etabliert. Damit
wird klar festgelegt, welcher Zeiteinsatz eigentlich für ein
Vollzeitstudium durchschnittlich kalkuliert werden muss. Ein Vollzeit-Studienjahr
entspricht im ECTS einem Arbeitsaufwand von 1500 bis 1800 Stunden.
Im Vollzeitstudium bleiben also sechs Wochen Jahresurlaub, wenn
man eine 40-Stunden-Woche hinlegt, wie die Hochschulrektorenkonferenz
berechnet hat. Andererseits ist die Modularisierung eine gute Voraussetzung
dafür, den Status des Teilzeitstudierenden einzuführen,
denn der Studienumfang pro Semester kann über die Module genau
bestimmt werden.
Bisher liegen keine Erhebungen darüber vor, wie viele Studierende
im Sinne des ECTS eigentlich als Teilzeitstudierende aufzufassen
sind. Die oben angesprochenen zwölf Prozent der Studierenden
haben ihre Angabe, sich als Teilzeitstudierende zu verstehen, im
Rahmen der Studierendenbefragung des CHE-Hochschulrankings gemacht,
ohne dass die Einschätzung mit einem konkreten Zeitbudget verbunden
gewesen wäre. Es ist stark anzunehmen, dass die Zahl der De-facto-Teilzeitstudierenden
unter ECTS-Bedingungen deutlich höher ausfallen wird.
In Zukunft wird es einen zunehmenden Bedarf an echten Teilzeitangeboten
geben. Hochschulen, die sich früh mit der Frage auseinandersetzen,
wie man solche Angebote organisiert, für welche Zielgruppen
man sie unter welchen Voraussetzungen schafft, werden besser in
der Lage sein, für unterschiedliche Bedürfnisse geeignete
Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen. Entsprechende Kompetenzen
sind nicht nur für das nationale Studierendenmarketing, sondern
auch für die Organisation von joint programmes von Bedeutung.
Prof. Dr. Frank Ziegele,
Centrum für Hochschulentwicklung
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