Energieabgase in einer Tourismushochburg
Soll man einen ehemaligen Atommeiler bei Lubmin durch ein Steinkohlekraftwerk ersetzen?
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Wasserprobenentnahme am ehemaligen Kernkraftwerk Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern
© privat |
Da dem Blauen Planeten der Untergang
vorausgesagt wird, sollte der
Mensch auf der Erde so weiterwerkeln
wie bisher, mutet es ein bisschen bizarr
an, wenn ein Kernkraftwerk durch ein
Steinkohlekraftwerk ersetzt werden
soll. In Lubmin bei Greifswald in
Mecklenburg-Vorpommern jedoch
gibt es genau diesen Plan, an der Stelle
des ehemaligen Kernkraftwerkes einen
Energiestandort mit einem Steinkohlekraftwerk
sowie einem weiteren
Gas- und Dampfkraftwerk zu errichten.
Angehende Landschaftsplaner der TU
Berlin haben unter Leitung von Prof.
Dr. Peter-Diedrich Hansen das Vorhaben
unter ökologischen Gesichtspunkten
bewertet. Ihr Fazit: Der Bau eines
Steinkohlekraftwerkes in diesem Gebiet
ist höchst brisant. Das Kernkraftwerksgelände
liegt nicht nur in unmittelbarer
Nähe von Landschaftsschutzgebieten
wie dem Greifswalder Bodden
mit höchster Schutzkategorie, von
den Emissionen des Kraftwerks wären
auch zwei Haupturlaubsgebiete
Deutschlands betroffen – die Inseln
Rügen und Usedom. Im Umkreis von
100 Kilometern wäre der Schadstoffausstoß
noch spürbar.
„Bei der Verbrennung von fossilen
Energieträgern entstehen Luftschadstoffe
wie Schwefeldioxid und Stickoxide,
die zur Bildung des sauren Regens
beitragen. Findet die Verbrennung
nicht vollständig statt, werden
weiterhin Kohlenmonoxide, unverbrannte
Kohlenwasserstoffe und
Rußpartikel emittiert. Bei festen
Brennstoffen können darüber hinaus
erhebliche Mengen an Staub auftreten.
Diese Emissionen und noch eine
Vielzahl anderer schädigen nicht nur
die Umwelt, sondern sind auch für
den Menschen direkt gesundheitsschädigend“,
heißt es im Abschlussbericht.
Natürlich haben die Studierenden bei
ihrer Untersuchung berücksichtigt,
wie wichtig eine solche millionenschwere
Investition in dieser von Arbeitslosigkeit
und Abwanderung gebeutelten
Region wäre, und machten
deshalb Alternativvorschläge: Um
Lubmin als Energie- und Industriestandort
zukünftig zu entwickeln, sollten
Unternehmen angesiedelt werden,
die mit umweltverträglichen und insbesondere
landschaftsschutzverträglichen
Kreislauftechnologien produzieren,
leichte Industrien, Büroparks und
Schulungszentren. Außerdem könnte
der Block IV des ehemaligen Kernkraftwerks
als touristische Attraktion
erhalten werden, da es sich hier erstmalig
um einen betriebsbereiten Reaktor
handelt, der auf Beschluss der Bundesregierung
Anfang der 1990er-Jahre
nicht mehr ans Netz
ging.
Nach der Wende sind
Millionen Euro an
Steuer- und Fördergeldern
zur Entwicklung
eines naturnahen
Tourismus als strukturbildende
Maßnahme in
die Region geflossen.
Vor diesem Hintergrund
beurteilen die
Studierenden die Pläne,
ein Steinkohlekraftwerk
in Lubmin
zu errichten, als kontraproduktiv.
Abschließend
schreiben
sie deshalb: „Ein zu
kurzfristig gedachtes,
wenig nachhaltiges
Handeln kann unter
Umständen mehr schaden
als nützen.“
Susanne Sand |