TU intern | Nr. 1/Februar 2022 STUDIUM & LEHRE & FORSCHENDES LERNEN 9 UNIBIBLIOTHEK Der digitale Semesterapparat pp „Ich konnte den Text leider nicht fin- den…“. Viele Lehrende kennen diese Klage von ihren Studierenden. Das soll nun der Vergangenheit angehören. Die TU Berlin führt als erste Universität in Deutschland das Software-Tool „Leganto“ von Ex Libris ein. Damit können Lehrende schnell und übersichtlich relevante Literatur- und Infor- mationsressourcen für ihre Lehrveranstal- tungen auf der TU-eigenen Lernplattform ISIS zusammenstellen. Unter Federführung der Universitätsbibliothek (UB) startete im November 2020 die Pilotphase mit ers- ten Anwender*innen, in einer erweiterten Einführungsphase ab Wintersemester 2021/22 stand das Tool bereits allen TU- Lehrenden zur Verfügung. „Leganto ist leicht zu bedienen, Bibliotheksservices wie die Einbindung von lizenzierten Medien, Scanaufträgen oder Anschaffungsvor- schlägen für benötigte Literatur sowie die Prüfung rechtlich unbedenklicher Zugänge zu Online-Ressourcen sind direkt abrufbar“, sagt Dr. Anke Quast, Leiterin des Projekts B U / n i l r e B U © T © © Das Software-Tool „Leganto“ er- leichtert die Bibliotheksarbeit. an der UB. Zunächst waren Interviews mit Lehrenden verschiedener Fakultäten ge- führt worden. Viele empfanden insbeson- dere den hohen Aufwand beim Zusam- menstellen von Informationen, Literatur oder Dokumenten als problematisch, eben- so das Prüfen, ob diese den Studierenden rechtssicher zugänglich gemacht werden können. Die vielfältigen unterstützenden Services der Bibliothek waren häufig gar nicht bekannt. Die Corona-Pandemie und die technischen Anforderungen der Online- Lehre verschärften diese Problematik noch. „Ich kann nun die Kursliteratur direkt mit den Bibliotheksangeboten verknüpfen. Das spart viel Zeit, weil ich nicht alle Download- links der eBooks beschaffen und prüfen muss“, sagt zum Beispiel Christian Hoff- mann, wissenschaftlicher Mitarbeiter aus der Fakultät III Prozesswissenschaften, der an der Pilotphase teilnahm. „Studierende bekommen schnell Zugriff auf relevante Literatur.“ Dr. Marco Otto, Institut für Öko- logie, findet besonders die Integration in die TU-eigene Lernplattform ISIS gelungen und hat schon bei Kolleg*innen und in der Lehrkonferenz Werbung für „Leganto“ ge- macht. „Diese digitale Lösung zur Bereitstellung von Ressourcen ist für uns als Bibliothek, für die Lehrenden und für die Studierenden eine Win-Win-Situation“, so Jürgen Chris- tof, leitender Direktor der Universitätsbib- liothek. www.tu.berlin/go21191 Bessere Lehre – erfolgreiches Studium Die Qualitäts- und Innovationsoffensive Lehre wird mit neuen Projekten fortgesetzt. Das Land investiert in den kommenden drei Jahren rund fünf Millionen Euro an der TU Berlin in klassischen und digitalen Formaten sowie in Lehrmaterialien und -videos Schnittmengen hervorzuheben. Das wird Anfänger*innen den Einstieg er- leichtern. Zu Beginn der Corona-Pandemie mussten quasi von heute auf morgen Online-Formate aus dem Boden ge- stampft werden. Viele Lehrende hat- ten dazu kaum Vorkenntnisse. Welchen Einfluss haben die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre? Klar ist, das ,neue Normal‘ wird nicht mehr das ,alte Normal‘ sein. Das spielt bei allen Projekten eine Rolle, aber das haben natürlich insbesondere die vier Digitalisierungsprojekte im Fokus. Man hat erkannt, dass es in digitalen Veran- staltungen und auch bei gemischten Präsenz-/Online-Formaten nicht nur auf die technische, sondern insbeson- dere auch auf eine didaktisch hochwer- tige Umsetzung ankommt, wenn man Studierende zum Erfolg führen will. Welche Philosophie begleitet die Um- setzung der neuen Projekte? Besonders wichtig ist uns, neben der inhaltlichen Hochwertigkeit, dass die Teilprojekte nicht einfach nebenein- ander herlaufen. Wir wollen für Erfah- rungsaustausch und Vernetzung sorgen, zum Beispiel mit regelmäßigen Jours fi- xes, mit Workshops oder mit Tagungen nach dem Vorbild der mehrtägigen Tref- fen in Ziethen, die es schon im QPL- Projekt gab. Hier arbeiten wir gerade am Aufbau eines QIO-Netzwerks. Vielen Dank! Das Interview führte Patricia Pätzold Das Team Dr. Susanne Franke (Leitung), Janina Göbel (Kommunikation & Vernet- zung), Wenke Seemann (Evaluation & Wirksamkeitsanalysen) und Lynn Walther (Projektmanagement und -controlling) bilden das Team „Stra- tegische Lehrentwicklung“, das im „Strategischen Controlling“ der TU Berlin angesiedelt ist. Sie unterstüt- zen bei der Beantragung von Dritt- mitteln, bei der Koordination von großen Drittmittelprogrammen, der Evaluation und Qualitätssicherung von Lehrprojekten sowie bei der Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem or- ganisieren sie Formate zur strategi- schen Lehrentwicklung und den Aus- tausch über Lehre mit Workshops, Tagungen oder Arbeitsgruppen. www.tu.berlin/lehren/gute-lehre-ge- stalten/foerderprogramme Die Studierenden mit interessanten Formaten richtig abholen und gezielt ansprechen: Wenke Seemann, Susanne Franke, Janina Göbel und Lynn Walther (v. l.) organisieren die Lehrentwicklungsprojekte und beraten Lehrende. C L S m a e T / n i l r e B U T © Frau Dr. Franke, markiert der Be- ginn des Jahres 2022 eine neue Ära der verbesserten, nachhaltigen Leh- re an unserer Universität, wie es der Zukunftsvertrag des Bundes und der Länder vorsieht? Susanne Franke: Gute Lehre braucht entsprechende Rahmenbedingungen zur Weiterentwicklung. Finanzielle Ressourcen dafür bietet das QIO-Pro- gramm, die Qualitäts- und Innovations- Offensive, die Berlin aus der Taufe ge- hoben hat, um den Zukunftsvertrag des Bundes umzusetzen. Mit „QIO II“, das offiziell von 2021 bis 2024 läuft, stehen uns nun rund fünf Millio- nen Euro für den Aufbau und die Um- setzung von Ideen und Projekten zur Verbesserung von Lehre und Studien- bedingungen zur Verfügung. Zu Beginn dieses Jahres konnte das Gros der Pro- jekte die Arbeit aufnehmen. Wir, das Team Strategische Lehrentwicklung, unterstützen dabei alle Beteiligten. Wir fungieren quasi als „Hafen“ für die Lehrentwicklungsprozesse und als Schnittstelle zwischen Universitäts- leitung, Fakultäten, zentralen Einrich- tungen, Studierenden, Verwaltung und Drittmittelgebern. Was ist Ihre Aufgabe? Unser vierköpfiges Team ist nach Aus- laufen des Qualitätspakts Lehre, QPL, Ende 2020 aus dem damaligen Koor- dinationsteam entstanden. Wir koordi- nieren die Antragstellung, die Projekt- durchführung, das Projektmanagement und -controlling, das Berichtswesen und die Projektabwicklung. Wir be- treuen also strategisch und operativ die Drittmittelprogramme für die Lehre an der TU Berlin über den gesamten Pro- zess hinweg, darunter QIO II. Daneben initiieren und steuern wir unter ande- rem strategische Lehrentwicklungsthe- men wie zum Beispiel die Umsetzung des Leitbilds Lehre. i i i g b e F e n a f e t S / n i l r e B U T © Online-Lehrformate sollen mehr didaktisches Potenzial erhalten. Welche Themen umfasst das QIO-Pro- gramm konkret? Es gibt drei große Förderlinien, wovon nur die 2. Linie, „Offene Hochschule“ mit dem Schwerpunkt Qualität in der Lehre, sowie die 3. Linie mit Schwer- punkt Digitalisierung und Innovation für uns an der TU Berlin in Frage kom- men. Die 1. Linie bezieht sich auf die Fachkräftesicherung in Gesundheits- berufen. Worauf zielen die Projekte, die jetzt beginnen? Im Fokus der Linie 2 liegen die MINT- Studiengänge, insbesondere die Stu- dieneingangsphase sowie die Verbes- serung der Lernbedingungen – auch in unserem nach wie vor einzigartigen MINTgrün-Orientierungsstudium. Ein weiteres Projekt, ErSTi, will den erfolg- reichen Studieneinstieg internationaler Studierender sichern, wie übrigens auch ein Projekt, das internationale und ge- flüchtete Studierende unterstützt und das von der Studienberatung durch- geführt wird. Es stellt die Fortsetzung aus einer früheren Förderphase dar. In der Linie 3 Digitalisierung und In- novation werden zum Beispiel digitale Lehr- und Prüfungsformate ausgebaut, Tutorials erstellt, Vorlagen beziehungs- weise Templates für die Lernplattform Moodle/ISIS entwickelt, mit denen On- line-Kurse aufgebaut werden können. Außerdem werden digitale Lerninseln eingerichtet oder neue Standards für gute Lehrvideos erarbeitet, die beson- deres hochschuldidaktisches Potenzial haben. Was ist damit gemeint, was haben die Studierenden kurzfristig davon? Es gibt zum Beispiel bei den MINT- Studienfächern Grundlagenveranstal- tungen, die ähnliche Inhalte haben, die aber an den Fakultäten unterschiedlich gestaltet sind. ,Mechanik‘, ,Konstruk- tion‘ oder ,Werkstoffkunde‘ gehören dazu. Der Zusammenhang wird von den Studierenden nicht auf Anhieb erkannt, weil die gleichen Inhalte mit verschiedenen Bezeichnungen, Be- griffen, Kürzeln vermittelt werden. Ein Projekt, zu dem sich mehrere Fa- kultäten zusammengeschlossen haben, will nun Lernmodul-Beschreibungen vereinheitlichen, um Grundlagenfä- cher miteinander zu verknüpfen und Tennis an der Uni Cambridge, Konferenzen in den USA Was der Erwin-Stephan-Preis Studierenden bieten kann und wer im Wintersemester 2021/22 ausgezeichnet wurde Gut und schnell studieren – junge Menschen, die diese Aufgabe meis- tern, können an der TU Berlin mit einem Preis ausgezeichnet werden, der von der Helene und Erwin Ste- phan-Stiftung verliehen wird. Eine Absolventin und ein Absolvent, denen das gelungen ist, konnten im Wintersemester 2021/22 mit diesem Erwin-Stephan-Preis ausgezeichnet werden. Das Preisgeld beträgt für den Bachelor 1.500 sowie für den Master 2.500 Euro; es soll für die Finanzierung von Auslandsaufent- halten im Zusammenhang mit For- schung, Lehre oder Weiterbildung verwendet werden. Für den Bache- lorpreis konnte sich Justin Heinz im Studiengang Physikalische In- genieurwissenschaft qualifizieren, ihren M.Sc. erlangte Julia Seilert in der Lebensmitteltechnologie und er- hielt ebenfalls den Preis. Insgesamt t a v i r p © Justin Heinz nutzte das Preisgeld, um in Cambridge weiterzustu- dieren. hatten sich zwölf Absolventinnen und 25 Absolventen beworben. Julia Seilert, 1996 in Berlin ge- boren, schloss ihr Masterstudium Lebensmitteltechnologie nach nur zwei Fachsemestern mit der Note „sehr gut“ ab. In ihrer Masterarbeit befasste sie sich mit „Modelling tri- glyceride pure component proper- ties from molecular structures – a systematic approach“. Inzwischen arbeitet Julia Seilert als wissenschaftliche Mitarbeite- rin im Fachgebiet Lebensmittel- verfahrenstechnik der TU Berlin. Das Preisgeld möchte sie für ihre Promotion an diesem Fachgebiet nutzen. Außerdem würde sie gerne eine Konferenz in den USA besu- chen und ihr Italienisch vertiefen. In ihrer Freizeit liest sie gerne und verbringt viel Zeit mit ihrer Hündin. Justin Heinz kam 2000 in Berlin zur r e t l a W . A © Julia Seilert arbeitet inzwischen als wissenschaftliche Mitarbei- terin. Welt. Er absolvierte sein Bachelor- studium Physikalische Ingenieur- wissenschaft in fünf Fachsemestern und schloss ebenfalls mit der Note „sehr gut“ ab. In seiner Abschluss- arbeit beschäftigte sich Justin Heinz mit dem Thema „Adaptive analysis of geometric tolerances with low- cost-sensors“. Das Preisgeld hat er für sein im Ok- tober 2020 begonnenes und jetzt abgeschlossenes Masterstudium Energy Technologies an der Cam- bridge University, UK, genutzt. Hier ruderte er auch in einer Uni- versitätsmannschaft, spielte Squash und Tennis. Während des Masters entwickelte er mit Kommiliton*in- nen einen Solar-Kocher, wie er in Entwicklungsländern gut genutzt werden könnte. Ramona Ehret www.tu-berlin.de/?167520