Erstes Kennenlernen unter dem gemeinsamen Dach

Zum ersten Mal arbeiten die Studiengänge Landschaftsplanung und Architektur in einem Studienprojekt zusammen


Seit der Strukturreform an der TU Berlin ist der Studiengang Lanschaftsplanung gleich an zwei Fachbereichen vertreten. Der Großteil der Professoren ist zwar am Fachbereich 7, Umwelt und Gesellschaft, angesiedelt. Fünf Professoren - sie vertreten den Bereich Landschaftsarchitektur - sind jedoch unter dem Dach des Fachbereichs 8, Architektur untergeschlüpft. Rein organisatorisch ist damit der Weg zur engen Zusammenarbeit zwischen Architektur und Landschaftsarchitektur frei.

In der Lehre war davon bisher allerdings noch nichts zu spüren. Studienprojekte etwa, in denen zukünftige Landschaftsplaner und Architekten zusammenarbeiten, wurden von den Professoren nicht angeboten. Um das zu ändern, nahmen die Studierenden die Sache im vergangenen Semester in die Hand und initiierten selbständig die Zusammenarbeit. Wie das erste gemeinsame Hauptstudienprojekt der beiden Studiengänge Landschaftsplanung und Architektur entstand und was es hervorbrachte, beschreiben die angehenden Landschaftsplaner und Mitinitiatoren Martin Linz und Eike Richter:

Noch liegt das ehemalige Truppenübungsgelände in Lichterfelde-Süd brach. Dies wird sich bald ändern - das Gebiet an der Berliner Stadtgrenze ist bereits für den Wohnungsbau vorgesehen. Bis zu 5.000 Wohnungen sollen hier entstehen. So schlagen es die Studien vor, die der international renommierte Architekt Daniel Libeskind und der Landschaftsarchitekt Hans Loidl, Professor für Landschafts- und Freiraumplanung an der TU Berlin, erarbeitet haben. Bei solch einem Großprojekt ist auch für Außenstehende einsichtig: hier dürfen Architekten und Landschaftsplaner nicht aneinander vorbeiarbeiten. Ihre Ideen und Pläne müssen miteinander abgestimmt werden.

Auf den Berufsalltag vorbereiten

Den gleichen Gedanken hatten auch Studierende der Landschaftsplanung, die dasselbe Gebiet im Rahmen eines einjährigen Haupstudienprojektes bearbeiteten. Gleich zu Beginn ihres Projekts am Fachgebiet kommunale Freiraumplanung bei Professor Helmut Weckwerth initiierten sie daher selbständig eine Zusammenarbeit mit dem benachbarten Studiengang Architektur. Ihr Ziel war, das Spektrum der Lehrmeinungen zu erweitern und sich praktisch auf die im Berufsalltag weitverbreitete Teamarbeit vorzubereiten.

Die Umsetzung gestaltete sich jedoch schwierig. Zwar waren die fünf Fachgebiete der Landschaftsarchitektur während der Strukturreform zum Fachbereich Architektur gewechselt. Die fachliche Nähe nun auch in die Lehre einfliessen zu lassen, war aber nach wie vor ein ungewöhnliches Ansinnen. So sind etwa projektbezogene Kooperationen durch die Studienprüfungsordnungen erschwert, weil die Projekte der Architekten über ein Semester, die der Landschaftsplaner jedoch über zwei Semester laufen.

Überzeugungsarbeit bei den Kommilitonen

Die Studentengruppe gewann zunächst den wissenschaftlichen Mitarbeiter und Architekten Volker Domroes für ihr Modellvorhaben. Er beantragte ein Architekturprojekt, das ebenfalls Wohnungsbau in Lichterfelde-Süd zum Thema hatte. Dann ging die Arbeit weiter: Räume und geeignete Arbeitstische mußten organisiert werden. Außerdem mußten auch Überzeugungsarbeit an den Kommilitonen des Studiengangs Architektur geleistet werden. Enttäuschende Erfahrung für die Landschaftsplaner: Auf Architektenseite waren die Arbeitsbereiche der Nachbardisziplin Landschaftsplanung nicht einmal in Grundzügen bekannt.

In den beiden Veranstaltungen, an denen parallel rund 25 Studierende beider Studiengänge teilnahmen, wurde aus der Unkenntnis aber bald Verständnis. Entwurfspräsentationen wurden gemeinsam abgehalten, die Teilnehmer/innen gaben sich gegenseitig fachliche Beratung. Sogar drei interdisziplinäre Teams fanden sich zusammen und erarbeiteten jeweils einen kombinierten städtebaulich-freiraumplanerischen Entwurf . Fazit der studentischen Initiatoren: Nicht alle Teilnehmer/innen arbeiteten in fächerübergreifenden Projekten. Trotzdem waren die verschiedenen Herangehensweisen eine klare Bereicherung für die Entwurfsarbeit aller Beteiligten.

Kritik an den Profis

Kritisches Augenmerk richteten die Projektteilnehmer/innen auf die Bebauungskonzepte der Profis für Lichterfelde-Süd. Ihr Urteil: Die Studien des Architekten Libeskind und des Landschaftarchitekten Professor Loidl befanden sich jeweils auf hohem fachlichen Niveau; trotzdem zeigen sie noch deutlichen Abstimmungsbedarf untereinander. Damit sahen sich die Studierenden in ihrer Erfahrung bestätigt, daß man mit dem Erlernen interdisziplinärer Teamarbeit nicht früh genug beginnen kann. Daß sich dies bereits an der Hochschule lernen läßt, haben die Studierenden in Eigenregie bewiesen. Nun liegt der Ball bei den Professoren. Sie sollten die Prüfungsordnung so angleichen, daß gemeinsame Projekte keine Ausnahmefälle mehr sind. Und sie sollten jetzt selber Themen und Projekte vorschlagen, die die Studiengänge Architektur und Landschaftsplanung näher zueinander bringen.

Martin Linz und Eike Richter, Studenten der Landschaftsplanung, Fachbereich 8, Architektur


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