Ein Machwerk!

(Leserbrief zum Artikel "Sie waren ausgezeichnete Techniker und Ingenieure" in TU intern, Mai '95)


Diejenigen großen Demokraten des Fachbereichsrats 10, die sich als Richter über die "Väter- und Großvätergeneration" aufwerfen, haben tolle Tricks in ihrem Repertoire:

Man bringt im Fachbereichsrat ein Papier in Umlauf, unsigniert. Der Fachbereichsrat ist nicht bereit, über das Papier abzustimmen. Schade (Herr Schade)! Aber man weiß sich zu helfen. Man kennt die Schwachstelle. Ein stark belasteter Dekan und eine Sekretärin, die man in einem Telefonanruf mit dem Argument, es sei Redaktionsschluß bei TU intern, unter Druck setzt. Und schon hat man das anonyme Pamphlet als angeblichen Fachbereichsratsbeschluß dort, wo man es schon immer haben wollte, beim TU-Präsidenten bzw. dessen Pressereferat.

Kommentar der studentischen Vertreter auf der nächsten Fachbereichsratssitzung: "Man könne sich gar nicht vorstellen, wie das Papier zum Pressereferat gelangt sei." Der Anrufer, der studentische Vertreter Böhm, und sein professoraler Mentor, waren tunlichst nicht zu der Sitzung erschienen.

Im Vorspann zum Artikel behauptet TU intern, das Papier (- der angebliche Beschluß -) "setze sich mit der Rolle der Technischen Hochschule Charlottenburg während des Nationalsozialismus auseinander". Keine "Red" davon! Zu diesem Thema ist den Herren Autoren (abgesehen von angeblichen Durchhalteparolen Föttingers) nämlich nichts eingefallen. Aber wo soll auch ein verantwortlicher Redakteur/in die Zeit hernehmen, auch noch den Artikel zu lesen, für den er die Einleitung schreibt.

Aber man hatte schließlich bestimmte Quellen (nach neusten universitären Gepflogenheiten unzitiert), und die wollte man zum 8. Mai an den Mann bringen, nach dem Motto "Friß oder stirb". Wahrscheinlich genierte man sich ein wenig der geheimen Quellen. Werden sie wohl - man ist auf Vermutungen angewiesen - aus einer Zeit stammen, als das Verspritzen von Gift gegen die Frontstadt Westberlin und ihre Universitäten für bestimmt Leute zur Pflichtübung gehörte. Aber nun kann man sich ja künftig auf TU intern berufen. Quellenwäsche nennt man so etwas.

Heinrich Hertel hat nie geleugnet, daß er Technischer Direktor von Heinkel und später Entwicklungschef von Junkers war. Und wenn man meint, der Wehrwirtschaftsführer gibt reißerisch etwas her, so doch auch nur, weil man den banalen Hintergrund verschweigt, daß es sich bei dieser Ernennung um einen Schachzug der Militärs handelte, um diesen Personenkreis dem Zugriff der SS zu entziehen.

Gänzlich zum Machwerk wird das Papier, wenn den Ausführungen zu den fünf verschiedenen Persönlichkeiten Pauschalunterstellungen vorangesetzt werden, die darin gipfeln, zu behaupten, "sie hätten in dem faschistischen Staat einen Verbündeten gesehen, um ihre fachlichen Ziele zu verfolgen". Eine Verdrehung nach dem Schema: "Das deutsche Volk fand in Hitler den Verbündeten, um seine Ziele als Herrenvolk zu verwirklichen."

Junge Menschen, die ohne jedes Risiko für Leib und Leben den Mut nicht aufbringen, mit ihrem Namen zu ihrem Elaborat und zu den Quellen, die sie benutzen, zu stehen, sollen der Humus sein, auf dem unsere Demokratie gedeiht?

Joachim Hertel


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Mohr war in Plötzensee

(Leserbrief zum Artikel "Die Mathematik rettete ihm das Leben" in TU intern, Mai '95)

Über E-Mail erreichte uns der folgende Brief von Dr. Freddy Litten vom Institut für Geschichte der Naturwissenschaften der Universität München. Dr. Litten geht darin auf unseren Artikel "Die Mathematik rettete ihm das Leben" zur Ausstellung über den Mathematiker Ernst Mohr in der Mai-Ausgabe von TU intern (S. 1) ein. Der im Leserbrief erwähnte Hans Ebert war Historiker an der TU Berlin und hatte in den 70er Jahren einen Aufsatz über sogenannte "Häftlingswissenschaftler" im Dritten Reich geschrieben.

An sich finde ich es ja sehr begrüßenswert, daß man Ernst Mohr in einer Ausstellung würdigt und seines Schicksals gedenkt. Allerdings hielt ich es bereits bei Hans Eberts Manuskript über die Häftlingswissenschaftler für bedenklich, es mit einer Widmung für Mohr zu versehen, obwohl gerade Mohrs Schicksal dort falsch geschildert ist. Falsch ist auch die Darstellung, wie sie auf Ihrer Internet-Seite gegeben ist. Um es kurz zu machen: Mohr war nicht in Sachsenhausen, wie bei Ihnen behauptet, und er war auch nicht in Buchenwald, wie Ebert behauptet. Er hatte mit dem "Recheninstitut" im KZ Sachsenhausen nichts zu tun, wenn auch richtig ist, daß man ihn dort anforderte. Er kam vom Zuchthaus Brandenburg relativ kurz nach seiner Verurteilung nach Plötzensee, wo er Rechnungen für die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt durchführte. Ob er Berechnungen für die V-Waffen ausführte, wie ich aufgrund einer Information von Hans Rohrbach selbst in einem Beitrag für die "Neue Deutsche Biographie" schrieb, ist mir inzwischen etwas unklar. Ein längerer Artikel von mir über Mohrs Schicksal wird voraussichtlich im Frühjar 1996 im "Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung" erscheinen.

Anmerkung: Die Redaktion wird den Artikel von Dr. Litten im Frühjahr in TU intern vorstellen.


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[TU intern - Übersicht] [Juli '95]