SEMTIX und kein Ende

Die Verhandlungen über das Berliner Semesterticket kommen nicht voran


(cho/rs) Nach wie vor gibt es keine Einigung in der Diskussion um den Preis für das Semesterticket in der Region Berlin/Brandenburg. Auch eine Podiumsdiskussion, die am 13. Juni an der TU Berlin stattfand, brachte die festgefahrenen Verhandlungen nicht in Schwung. Erneut scheiden sich die Geister an den unterschiedlichen Preisvorstellungen der Verkehrsgemeinschaft Berlin-Brandenburg (VBB) und der Studierendenorganisation "SEMTIX Berlin-Brandenburg". Die BVG und die übrigen Verkehrsunternehmen im Tarifverbund VBB fordern 191 DM pro Semester. Demgegenüber halten die Studierendenvertreter einen Preis von 130 DM für angemessen.

Einigkeit herrschte bei allen Anwesenden darüber, wieviele der ungefähr 150.000 Berliner Studierenden den öffentlichen Personennahverkehr nutzen, nämlich rund 62%. Umstritten sind aber nach wie vor zwei Grundsatzfragen: wieviel Geld nehmen die Verkehrsbetriebe derzeit von Studierenden ein, und wieviel Verwaltungskosten werden gespart, wenn der Studierendenausweis als Fahrkarte ausreicht.

Das Semesterticket für Berlin und Brandenburg wäre mit einem Umsatzvolumen von 39 Millionen DM das umsatzgrößte seiner Art in Deutschland

Beide Seiten gehen bei ihren Berechnungen davon aus, daß das Semesterticket für die Verkehrsbetriebe "kostenneutral" sein soll. Das heißt, die Verkehrsbetriebe sollen nicht mehr, aber auch nicht weniger als bisher an den Studierenden verdienen. Wieviel die Verkehrsbetriebe im Moment an Abonnements und Einzelfahrscheinen von Studierenden einnehmen, ist daher Grundlage für die Berechnung des endgültigen Preises. Da - insbesondere bei den Einzelfahrscheinen - keine eindeutigen Zahlen existieren, gehen beide Seiten von unterschiedlichen Zahlen aus. Auch nach mehreren Monaten Verhandlungen ist bisher kein Kompromiß absehbar.

Wieviel Geld verdienen die Verkehrsbetriebe?

Zweiter Streitpunkt der Diskussion ist, wieviel Geld die Verkehrsbetriebe durch ein Semesterticket einsparen. Für sie entfallen schließlich Verwaltungs- und Vertriebskosten für Abonnements und Einzelfahrscheine, da bei SEMTIX der Studierendenausweis als Ticket gilt. Die SEMTIX-Vertreter fordern dafür einen zusätzlichen Rabatt von 15 Prozent. Die Verkehrsbetriebe argumentieren dagegen, ihr Preisangebot sei schon ein Nachlaß von 30 Prozent gegenüber einem normalen Auszubildendenabonnement.

Beide Seiten wollen nun das Ergebnis einer Umfrage unter den Studierenden abwarten, die Mitte Juni an der TU Berlin durchgeführt wurde. Die BVG-Vertreter haben zusätzlich vorgeschlagen, einen unabhängigen Gutacher einzusetzen, um zumindest eine Einigung über die Art der Preisberechnung zu erzielen.

Grundsätzlich besteht bei den Verhandlungspartnern die Bereitschaft zur Diskussion und das Interesse, das Ticket einzuführen. Bei einem zu erwartenden Vertragsvolumen von 39 Millionen DM ist das durchaus verständlich. Damit wäre das Berlin-Brandenburger Semesterticket das umsatzgrößte seiner Art in Deutschland und eines der größten Vertragsprojekte in der Geschichte des öffentlichen Personennahverkehrs in Deutschland.


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[TU intern - Übersicht] [Juli '95]