Der Rechnungshof wirft der TU Berlin beim Bau einer Tennis- und Squash-Halle Verschwendung vor - ZEH-Leiter Armin Kuhlmann nimmt Stellung
(rs) Der jüngste Bericht des Berliner Landesrechnungshofs hat in der Öffentlichkeit und an der TU Berlin zu einigem Unmut geführt. In seinem Sündenregister öffentlicher Verschwendung für das Jahr 1994 tauchte nämlich auch die Technische Universität auf. Ihr wurde vorgeworfen, mit dem geplanten Bau einer Tennis- und Squashhalle Steuergelder zu verschwenden. Es sei gar kein Bedarf, rügten die Rechnungsprüfer und beurteilten die vorgesehene Finanzierung über einen Kommunalkredit sogar als "rechtswidrig". Wie nötig ist der Sportneubau an der Waldschulallee? Und was ist das besondere an der Finanzierung? René Schönfeldt von TU intern befragte dazu Armin Kuhlmann, Leiter der Zentraleinrichtung Hochschulsport (ZEH).
TU intern: Warum braucht die TU Berlin eigentlich eine neue Squash- und Tennishalle?
Armin Kuhlmann
Armin Kuhlmann: Zunächst muß man sagen, daß alle Berliner Hochschulen - und natürlich auch die TU - in einer für die Bundesrepublik beispiellosen Weise mit Sportanlagen unterversorgt sind. Es ist nicht so, daß uns ganz besonders Tennis- oder Squashspielmöglichkeiten fehlen. Es fehlt uns ein Schwimmbad. Es gibt keinen Fußballplatz, es gibt keine Leichtathletikanlage, es gibt so gut wie gar nichts.
Daß wir nun zunächst eine Squash- und Tennishalle bauen wollen, hat den Grund, daß Squash und Tennis zwei Sportarten sind, aus denen wir Überschüsse erwirtschaften. Wir haben aus der bestehenden Tennishalle seit 1982 überschlägig 2,5 bis 3 Millionen DM plus gemacht. Deshalb wollen wir zunächst einmal eine Anlage bauen, die die Möglichkeit bietet, die eingesetzten Mittel zu tilgen und auf einen längeren Zeitraum betrachtet Überschüsse abwirft.
Daß die bisher genutzten Tennisplätze an der Fasanenstraße - zwei Plätze und eine Traglufthalle - wegen des Bibliotheksneubaus ab September '95 wegfallen, ist also nicht ihr Hauptargument?
Wir wollen die Halle nicht nur deshalb bauen, weil diese Plätze wegfallen. Wir sind der Meinung, die Kapazitäten im Tennis und im Squash - Squash hatten wir bisher ja gar nicht - müssen erweitert werden, damit wir uns eine gewisse finanzielle Autarkie erhalten und den Hochschulsport weitgehend auf eigene Beine stellen. Daß das geht, zeigt sich darin, daß wir im letzten Jahr 293.000 Mark in den TU-Haushalt zurückgeführt haben.
Warum bringen Squash und Tennis eigentlich mehr Geld herein als andere Sportarten?
Tennis ist eine Sportart, bei der man eine Infrastruktur schafft und danach vergleichsweise geringe Ausgaben hat. Bei uns machen die Ausgaben für Tennis nicht mal zehn Prozent dessen aus, was wir an Einnahmen erzielen. Und die übrigbleibenden neunzig Prozent können wir für Sportarten verwenden, die wir ohne die Tennishalle schon längst hätten einstellen müssen.
Der Rechnungshof argumentiert in seinem Bericht, es existiere "kein anzuerkennender Bedarf" für die Neubauten ...
Der Vorwurf ist ausgesprochen dumm.
... wie groß ist denn die derzeitige Auslastung der Tennisplätze?
Die Auslastung ist bisher fast immer hundert Prozent. Nur in der Traglufthalle ist es im Sommer so, daß in der Mittagszeit Temperaturen von 40 bis 50 Grad auftreten, da sind schon mal einzelne Stunden nicht belegt. Wir haben aber insgesamt immer noch eine Auslastung von über 90 Prozent, wobei die günstigen Zeiten - für die man auch mehr bezahlen muß - immer zu hundert Prozent ausgebucht sind. 90 Prozent Auslastung heißt also immer noch mehr Einnahmen als rechnerisch 90 Prozent, weil nur die ungünstigen und billigen Zeiten nicht völlig ausgebucht sind.
Und wie schätzen Sie die Nachfrage ein, wenn Neubauten stehen?
Da gehen wir auch von einer 90-prozentigen Auslastung aus. Dazu muß man sagen, daß die Anlagen auch von allen anderen Berliner Hochschulen mitgenutzt werden, so daß die Auslastung natürlich in einem viel höheren Maß gewährleistet ist, als wenn man nur TU-Angehörige einkalkulieren würde.
Der Rechnungshof rügt in seinem Bericht, daß "in den nächsten elf Jahren zusätzliche Ausgaben zwischen 200.000 DM bis 265.000 DM zu Lasten des Universitätshaushaltes anfallen". Heißt das, daß Sie in Ihrer Kalkulation von einem Zuschuß aus dem TU-Haushalt ausgehen?
Nein, wir gehen nicht von einem Zuschuß in dieser Höhe aus. Der TU-Haushalt hilft lediglich über einige Jahre bei der Tilgung und bekommt das Geld später wieder herein.
Das zeigen auch die Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsfirma Treuarbeit, die von der TU Berlin beauftragt wurde, diese Finanzierung zu kalkulieren. Die Treuarbeit legt - anders als wir - lediglich eine 75prozentige Auslastung der Anlage zugrunde und rechnet mit jährlichen Einnahmen von "nur" 465.000 DM. Bei Zins- und Tilgungszahlungen in Höhe von 670.000 DM und Betriebskosten von 57.000 jährlich wären im ersten Jahr aus dem TU-Haushalt in der Tat 262.000 DM zuzuzahlen. Der Betrag würde sich dann aber von Jahr zu Jahr verringern, weil das Kreditvolumen kleiner wird. Im elften Jahr wäre das Bankdarlehen zurückgezahlt und für den TU-Haushalt kein Zuzahlbetrag mehr auftreten.
Wann wäre das?
Würden wir 1995 bauen, dann wäre das Bankdarlehen ab dem Jahr 2006 vollständig getilgt. Und vom Jahr 2007 wären die Einnahmen der ZEH dann ein absolutes Plus. Damit könnten wir dann die rund zwei Millionen aus dem TU-Haushalt, die in zehn Jahren zugezahlt wurden, wieder in den TU-Haushalt zurückfließen lassen. Das würde dann vier oder fünf Jahren dauern. Und ab dem Jahr 2010 könnten die Einnahmen dann voll verwendet werden, um den Hochschulsport zu finanzieren.
Das ist aber eine Worst-Case-Rechnung, die von einer nur 75-prozentigen Auslastung ausgeht. In der ZEH gehen wir von 90 Prozent aus. Damit könnten wir die jährlichen 670.000 Mark nach unserer Auffassung bis auf einen marginalen Rest sogar alleine von den Einnnahmen der ZEH abdecken. Aber wir können uns durchaus auch mit den 75 Prozent zufrieden geben, weil es sich ja selbst dann noch rechnet.
Der zweite Vorwurf des Rechnungshofes zielt auf die Art der Finanzierung. Die Aufnahme eines Kommunalkredits von einer Bank hätte keine gesetzliche Grundlage und sei "rechtswidrig", heißt es. Warum hat die TU Berlin diese Möglichkeit gewählt und nicht den üblichen Weg über die Hochschulbauförderung genommen?
Weil wir unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedingungen nichts von den derzeitigen Hochschulbaufördermitteln abkriegen können. Der Wunsch wäre völlig weltfremd.deshalb hatten wir bei der Finanzierung zuerst an Leasing-Modelle gedacht, auch an eine Vorfinanzierung über das Land Berlin, was uns die Zinsausgaben erspart hätte. Aber das ging beides nicht. Der Kanzler der TU hatte dann die Idee, es über einen Kommunalkredit zu versuchen, weil es dort sehr günstige Zinsbedingungen gab, für die wir dann auch eine Bank gefunden haben.
Der Knackpunkt an diesem Kommunalkredit ist, daß wir damit die Infrastruktur verbessern könnten, ohne öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen. Das ist wirklich ein zukunftsträchtiges und sparsames Modell. Ich bin sicher, daß in einigen Jahren kein Mensch mehr verstehen wird, wie ein solches Projekt heute mit fadenscheinigen Argumenten verhindert und in der Öffentlichkeit madig gemacht wird.
Rechtlich gesehen stehen sich aber zwei Meinungen gegenüber. Der Rechnungshof sagt, daß eine mittelbare Landesverwaltung wie die TU Berlin ohne gesetzliche Grundlage keine Darlehen aufnehmen darf. Das Vorgehen der TU Berlin sei "rechtswidrig". Die Universität beruft sich dagegen auf eine Regelung über die "Sonderfinanzierung" für Bauinvestitionen, die sich im Gesetz über den Berliner Landeshaushalt für 1995/96 findet. Ist der Vorwurf des Rechnungshofs denn in dieser Form gerechtfertigt?
Dazu gibt es einen Brief des Präsidenten der TU an den Vorsitzenden des Hauptausschusses im Abgeordnetenhaus. Darin stellt der Präsident klar, daß die TU erst durch den Hauptausschuß prüfen läßt, ob diese Art der Finanzierung möglich ist. Einen Vorwurf an die TU zu richten, ist in diesem Punkt in jeder Hinsicht verfehlt. Die TU hat ja durch den Kuratoriumsbeschluß vom 31. August 1994 selbst den Weg über den Hauptausschuß gefordert. Der soll feststellen, ob die Finanzierung in dieser Art rechtlich möglich ist oder nicht. Der Vorwurf an die TU, in irgendeiner Weise rechtswidrig oder verschwenderisch gehandelt zu haben, geht völlig daneben, weil dieser Schritt durch die TU überhaupt noch nicht gegangen worden ist.
Anmerkung der Redaktion: Die Vorlage für den Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses, ist bisher nicht behandelt worden. Vom Hauptausschuß war zu erfahren, daß die Behandlung der Vorlage für die erste Sitzung nach der Sommerpause im September vorgesehen ist.