An US-Universitäten ist man im Umgang mit der Informationstechnologie weiter als hierzulande
Zwei Monate hielt sich Dr. Frank Knape vom Institut für Strahlungs- und Kernphysik am Physics Project Laboratory des Massachusetts Institute of Technology (MIT) auf. Dabei fiel ihm auf, daß das MIT in bezug auf die Nutzung von Computernetzen und bei der entsprechenden Schulung der TU Berlin um einiges voraus ist. Der Einsatz moderner Informationstechnologien ist dort Alltag. Gleiches gilt für die Einführung in die Computernutzung: sie ist kompakt, unbürokratisch und für jedermann offen.
Der Campus des Massachusetts Institute of Technology (MIT): Nicht nur Wissenschaftler und die Verwaltung sind im MIT-eigenen Universitätsnetz verbunden, auch die Studentenwohnheime sind angeschlossen
Am MIT gab es zu Beginn des Semesters vielfach angekündigte, jeweils einstündige Mittags- und Abendtutorien. In ihnen wurde anwendungsbezogen und unspektakulär die Computernutzung vorgeführt. Das heißt, es gab keine theoriebeladenen "Einführungen", die bei den Dualzahlen beginnen und für den reinen Anwender uninteressant sind. Sie deckten zahlreiche verschiedene Gebiete ab, beispielsweise das uniweite Betriebssystem, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Numerik, Mathematik oder Kommunikation und Information. Diese kompakten Kurse waren für jederman zugänglich und weitgehend so konzipiert, daß sie unabhängig voneinander besucht werden konnten.
"All Humans on Earth invited"
In einer anderen - übrigens auch von Professoren besuchten - Reihe wurden in ähnlich praxisbezogener Weise, in ca. zweistündigen Vorträgen speziellere Fragen der Computernutzung behandelt, etwa: "Wie stelle ich für meine Arbeitsgruppe eine eigene Seite im World Wide Web her?"
Beide Veranstaltungsformen waren ohne jeden Papierkrieg für alle offen. Das Motto der Veranstalter der "Minicourses" lautet dementsprechend: "All Humans on Earth invited. No Pre-registration or Reservations are ever needed! Just show up for the class."
Ein anderer markanter Unterschied zur TU Berlin betrifft die Studentenwohnheime. Da fast alle Wohnheime an das MIT-eigene Netz angeschlossen sind, können die Studierenden intensiv von der Vernetzung profitieren, z.B. bei Hausarbeiten, Recherchen, On-line-Hilfe der Lehrkräfte und allgemein für die Kommunikation untereinander. Auch wer außerhalb des Campus' wohnt und einen Anschluß zum Uninetz installieren will, wird nicht alleingelassen: er oder sie kann sich vor dem Kauf von Hard- und Software vom MIT-Rechenzentrum beraten lassen.
Deutlicher Unterschied zu Deutschland
Nach Deutschland zurückgekehrt zeigte sich noch einmal der deutliche Unterschied. Zwar erhält jeder Studierende auch hier Zugang zu Rechnern, an denen er E-Mails verschicken oder das World Wide Web nutzen kann. Fraglich ist aber, ob die Studierenden - insbesondere die Studienanfänger - ausreichend informiert und geschult werden, wie sie die Rechnernetze nutzen können.
Ein Beispiel: der Rechnerpool am Fachbereich Physik. Er wird derzeit von etwa 1100 Usern genutzt, die überwiegend dem Fachbereich angehören. Bei intensiverer Nutzung wäre der schon hardwaretechnisch überlastete Pool im Physikgebäude mit seinen 25 Rechnern hoffnungslos überfüllt. Aber bereits jetzt sind die dortigen Tutoren mit den Aufgaben der Rechnerverwaltung überlastet. Nachdem die Betreuung durch ursprünglich acht Tutoren mit je 40 Wochenstunden halbiert wurde, konnten die Öffnungszeiten nur noch durch die freiwillige Mitarbeit einiger Studierender aufrechterhalten werden. In dieses Bild paßt auch, daß Literaturrecherchen seit kurzem nur noch gegen Unterschrift eines Professors möglich sind.
Ein weiteres Beispiel sind die Geisteswissenschaften an der TU Berlin. Was haben sie eigentlich davon, daß sie an einer Technischen Universität beheimatet sind? Bei ihnen könnte ein großer Teil der wissenschaftlichen Arbeit - z.B. Quellensuche und Kommunikation - durch Nutzung der Computernetze effizienter gestaltet werden. Die technische Ausrüstung als auch die entsprechenden Einführungen erscheinen im Vergleich zum MIT eher dürftig.
Computernetze effizienter nutzen
Die Attraktivität und die Leistungsfähigkeit einer Universität wird im zunehmenden Maße auch durch den fächerübergreifenden Einsatz moderner Computertechnologie definiert. Dazu gehört nicht nur die Bereitstellung moderner Hard- und Software, sondern auch eine den Ansprüchen von Computeranfängern genügende zeitverträgliche Schulung, wie sie am MIT praktiziert wird.
Ein Versuch in dieser Richtung wird jetzt an der TU Berlin beispielsweise im "Projektlabor" - einem Grundstudiumspraktikum im Studiengang Physik - unternommen: In Ergänzung der fachlichen Inhalte sollen dort interessierte Studierende in die Nutzung der Rechnerkommunikation - insbesondere des Internet - eingeführt werden.
Dr. Frank Knape, Institut für Strahlungs- und Kernphysik
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